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Radiotexte

Das zweitälteste Gewerbe der Welt

– praktische Rhetorik einst und jetzt


Christoph Schmitz-Scholemann

 

O-Töne:
Heinrich Lübke (Bundespräsident 1959–1969), Rede über die Fischindus­trie (Auszug)
Martin Luther King, I-have-a-dream-speech, 28. August 1963 in Wash­ington, D. C. (Auszug)
M 1, M 2, M 3: Sprecher

 

O-Ton Heinrich Lübke:
»Auch die Fischerei und die Fischindustrie hätten allen Anlass, durch intensivere Aufklärung und Werbung den Konsumenten eine solche Ware schmackhaft zu machen. Es war schon mal besser damit, mit dieser …, mit dieser Propaganda und mit diesen Aufklärungsvorträgen und vor al­len Dingen den … äh … den Propaganda-Essen. Ich habe in Frankfurt ein Essen, ein Fischessen mitgemacht, wo also die … äh … Fische aus den Truhen sofort in die Küche kamen und die waren dann von den zuständi­gen Köchen oder von den Hausfrauen, waren die dann entsprechend behandelt. Und ich kann nur sagen, es ist zwischen dem und den nicht in … durch die … äh … Truhen und die Tiefkühlketten herangebrachten frischen Fische … Es ist … gar nicht zu vergleichen. Man behauptet nun, die Hausfrauen bzw. die Fischesser hätten sich an die etwas angegangenen oder … au gout … ausgegangenen Fische besser gewöhnt, sie wären das gewohnt und liebten das … dieses mehr als die frischen … Ich muss nur sagen: wer das nebeneinander hält, der kann überhaupt keine andere Wahl … äh … Wahl … be … äh … Wahl wäh­len, dass ohne die … ohne die äh … ohne die Tiefkühlketten werden wir uns späterhin … nicht mehr die Ernährung verbessern können.«

M 1:
Es lag nicht nur am Alter, dass der frühere Bundespräsident Heinrich Lübke kein mitreißender Redner war. Und auch seine Herkunft aus dem rauen Sauerland erklärt nicht hinreichend die Hartnäckigkeit, mit der Heinrich Lübke seinen eigenen Gedanken auch dann noch die Treue hielt, wenn sie ihrerseits ihn längst verlassen hatten und sich ihre Wege in einem psychodelisch anmutenden Worte-Nirwana zu verzweigen began­nen, sich sonderbar in einander verschlangen und schließlich tief ins Reich des Unsagbaren – wenn nicht des Unsäglichen – vorstießen. Hätte der Mann vielleicht einen Rhetoriklehrgang besuchen sollen? Die Bun­deszentrale für politische Bildung war damals anderer Meinung:

M 2:
»Wenn man von Heinrich Lübke sagt, er sei schwierig, so heißt dies, dass er bis zur Rücksichtslosigkeit anspruchsvoll gegen sich und seine Umwelt ist. Kein Manuskript ist ihm gut genug. Es gehört zu seinem Charakterbild, dass er sich eher auf das Glatteis der freien Rede begibt als ein Manuskript abzulesen, das ihn nicht restlos überzeugt hat. Das hat er schon öfter so gehalten, obwohl er weiß, dass die Kunst der freien Rede nicht seine Stärke ist.«

M 1:
Es ist beliebt, Redlichkeit gegen Beredsamkeit auszuspielen. Gerade profes­sionelle Rhetoriker bedienen sich gern dieses Tricks: Wenn Sie uns zu Beginn ihrer Rede mit bescheidenem Augenaufschlag versichern, sie seien leider keine großen Redner und könnten sich daher keiner anderen Waffe bedienen als der ungeschminkten Wahrheit, so ist das ein wohl überlegter Appell an unsere antizivilisatorischen Instinkte, an das dumme Gefühl, dass, wer es gut und ehrlich mit uns meint, auf den Glanz der Worte nicht zu achten hat. Als sei rhetorischer Unstand eine wesentliche Voraussetzung für moralischen Anstand. Wer nicht richtig reden kann, muss ein guter Mensch sein. War also Heinrich Lübke in Wahrheit »der gute Wilde« im Palais Schaumburg? Der edle Stammel-Häuptling aus dem Sauerland?

Oder hätte er nicht doch gut daran getan, anstelle von Propaganda über Tiefkühlketten Vorträge über die Herstellung von Gedankenketten und Satzgeflechten anzuhören? Mangel an einschlägigen Werken hat damals ebenso wenig wie heute geherrscht.

Aus dem Stichwort- und Titelregister der Buchgroßhandlungen von Koch, Neff und anderen, Ausgabe 1993/94, Stichwort »Reden«:

M 2:
»Der Mut zu reden«
»Richtig reden«
»Richtig miteinander reden«
»Selbstsicher reden«
»Überzeugend reden«
»Überzeugend frei reden«
»Überzeugend und lebendig reden«
»Reden wie ein Profi«
»Vom geistlichen Reden«

M 1:
Ganz offenkundig gedeiht hier – von den Feuilletons und Litera­turkritikern unbeachtet – ein sehr einträgliches literarisches Genre. Was bedeutet diese stille Blüte der Liebe zum rechten Wort? Geht es einfach nur um Geld, um die Verbesserung von Marktchancen? Oder verbirgt sich da im anrüchigen Unterholz der Literatur, zwischen Lebenshilfe und Geburtstags-Lyrik, der alte Traum von der Überwindung des baby­lonischen Fluchs? Der Wunsch, jeder Einzelne möge so gut und so schön zu sprechen in der Lage sein, dass alle Menschen einander verstehen und mögen und lieben? Und wer liest überhaupt solche Bücher? »Ich bes­timmt nicht!« lautet die Antwort, wenn man sich in gebildeten Kreisen umhört, und es klingt ein Unterton mit, als hätte die Frage nicht rhetorischen sondern erotischen Übungen gegolten. Ist es eines gebilde­ten Menschen unwürdig, ein Rhetorikbuch in die Hand zu nehmen? Hier weitere Titel zur Auswahl

M 2:
»Brillante Briefe, prägnante Reden«
»Reden und verhandeln«
»Reden und überzeugen«
»Schwestern reden mit Patienten«
»Wr sprechen für uns – Rhetorik für Frauen«
»Rhetorik an Alexander«
»Lehrbuch der Rhetorik«
»Reden und Sprüche zu Grundsteinlegung, Richtfest und Einzug«
»Reden zu Familienfesten«
»Reden zum Geburtstag«

M 2:
… undsoweiter undsofort. Es würde Stunden dauern, die Liste der im Händlerkatalog genannten Rhetorik-Bücher vorzulesen – und dabei handelt es sich doch nur um die im Jahre 1994 lieferbaren Titel, die ihrer­seits nicht mehr sind als – um es in einem Bild zu sagen – die jüng­sten Blätter an einem über 2000 Jahre alten Baum. Denn die kommer­zielle Rhetorik hat, wie der erotische Kommerz, eine uralte Tradition. Die Erwerbsrhetorik ist keineswegs eine Erfindung der Moderne. Sie ist keine Perfidie der industrialisierten Kommunikations-Kultur. Was die Rhetorik-Trainer betreiben, ist das zweitälteste Gewerbe der Welt.

Vier der über 300 lieferbaren Titel sollen heute Abend zu Wort kom­men, zwei neue und zwei sehr alte. Ob und wozu sie uns nutze sein kön­nen, steht zur Debatte: Wir werden bei Aristoteles ebenso vorsprechen wie bei Wilhelm Busch, drei Grundprinzipien der Rhetorik kennenlernen und zum Schluss eine der schönsten und ergreifenden Reden dieses Jahrhun­derts hören – sie stammt übrigens nicht von einem deutschen Präsidenten. Als Cicerone auf dem Gang durch die Bibliothek der Rhetorik dient uns kein Geringerer als er selbst: Cicero.

M 3:
Markus Tullius Cicero: De oratore – Über den Redner, lateinisch/deutsch, übersetzt und herausgegeben von Harald Merklin, Philipp Reclam jun­ior, Stuttgart, 2. Aufl. 1986, 7,80 DM, 652 Seiten.

M 1:
Cicero war Anwalt und Politiker in Rom; und das hieß: er musste durch Reden im Senat und vor Gericht die Zuhörer auf seine Seite ziehen. Er hielt es für eine Missachtung des Publikums, wenn ein Redner ungepflegte, arhythmische Satzperioden vortrug, wenn er sich die Mühe der gedanklichen Zuspitzung nicht machte, schiefe Vergleiche wählte und wenn er zu gefühlsfaul war, um sich von der Sache und den Personen, über die er sprach, stimulieren und bei Bedarf auch zu Tränen rühren zu lassen. In seinem Buch De oratore – Über den Redner trug er alles zusammen, was seiner Meinung nach den guten Redner ausmacht: Gebrauchsrhetorik für Junge Römer. Es versteht sich, dass Cicero anders über die Kunst der Rede dachte als die Bundeszentrale für politische Bildung.

M 3:
»Welche Musik ist denn zu finden, die süßer klingt als eine Rede im rechten Maß und Ton? … Was … ist bestechender als eine Fülle treffender Gedanken? Was bewundernswerter als eine Sache durch den Glanz der Formulierung ins rechte Licht zu setzen … Der Redner … versteht das Volk in seiner Trägheit mitzureißen und seine Zügellosigkeit zu mäßigen. Seine Kunst bringt Schurken das Verderben und Unschuldi­gen die Rettung … Und die Geschichte vollends, die vom Gang der Zeiten Zeugnis gibt, das Licht der Wahrheit, die lebendige Erinnerung … durch welche Stimme, wenn nicht die des Redners, gelangt sie zur Unsterb­lichkeit?«

M 1:
Nun, der Weg zur Unsterblichkeit ist weit. Und er ist mühsam. Auch der, dem das Glück die Gabe der Rede in die Wiege gelegt hat, muss sich üben, und die anderen erst recht. Geübt und ihre Reden Satz für Satz berechnet haben sie alle: Demosthenes und Savanarola, Martin Luther und Danton, der Propagandist auf der Butterfahrt und die Animateur­innen auf der Mehrzweckbühne des Robbinson-Clubs im Hotel Monica Beach auf Fuerteventura. Wie man reden üben kann, sagt:

M 2:
Heinz Lemmermann: Lehrbuch der Rhetorik, Redetraining mit Übungen, fünfte Auflage 1993, 240 Seiten, 14,80 DM.

M 1:
Dieses Paperback ist in der Reihe »Businesstraining« (praktisches Wis­sen für berufliche Aufsteiger) erschienen: herausgegeben hat es der Verlag »moderne Industrie AG« in München; es handelt sich um einen stillen Bestseller: Seit der ersten Auflage im Jahre 1963 wurden 150.000 Exem­plare gedruckt – und die meisten davon wohl auch verkauft und gelesen. Der Verfasser lehrt an der Universität Bremen Kommunikationswissen­schaft. Er versteht sein Metier. Er schreibt einfach, verständlich und nicht ohne einen manchmal etwas altväterlichen Humor à la Wilhelm Busch. Hier findet sich alles, was der Rede-Lehrling lernen muss: vom Atemtrain­ing bis zur Schulung des Gedächtnisses, von Betrachtungen über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden bis zu Rat­schlägen für den zweckmäßigen Aufbau einer Geburtstagsrede; wir finden Erläuterungen zu klassischen Stilmitteln wie Metapher, Chiasmus, Raffung, Wiederholung, rhetorische Frage. Wir finden Beispiele für geglückte Redetexte, und Lemmermann ist sich weder zu fein, die sim­plen praktischen Fragen zu behandeln, noch fällt er je in dumpfe Theorie­feindschaft: Sogar ein ansehnliches Literatur – Verzeichnis mit Hinweisen auf Werke zu Geschichte und Philosophie der Rhetorik suchen wir nicht vergeblich. Und alles, was Lemmermann gibt, gibt er leicht und eingängig, kurz gesagt: populär. Sein Buch ist nützlich, gut lesbar, und es ist unterhaltsam.

Über die Verwendung von Bild und Metapher schreibt Lemmer­mann:

M 2:
»So mancher Redner möchte bildkräftig sein und stolpert dabei dann von einem Bild in ein anderes, dass auch nicht die geringste Beziehung zum vorhergehenden hat …

M 3:
›Der Zahn der Zeit hat schon manche Träne getrocknet …‹

M 2:
so endeten die trostreichen Worte eines Grabredners. In den Reden Wil­helms II. findet man Stellen wie diese:

M 3:
›Eines Ozeans von Druckerschwärze bedient er sich, um die Wege zu verschleiern, die klar zutage liegen.‹

M 2:
Einst forderte der Abgeordnete Graf Bethusy den deutschen Reichstag auf,

M 3:
›den Strom der Zeit bei der Stirnlocke zu fassen‹.

M 2:
Zweifellos ein schwieriger Handgriff …«

M 1:
Für die Technik der Stoffsammlung gibt Lemmermann folgenden Rat:

M 2:
»›Stets findet Überraschung statt, da wo man’s nicht erwartet hat‹, sagt Wilhelm Busch so geht es auch mit den Gedanken … Gedanken halten sich nicht an die Empfangszeiten, die man ihnen höflich einräumt; sie kommen, wann sie wollen: in der Straßenbahn, im Kino, beim Essen. Wichtig ist, dass man sie sofort festhält, vielleicht nur in einem Stichwort. (In Gerhard Hauptmanns Schlafzimmer musste die Tapete am Bett oft erneuert werden, da er darauf seine nächtlichen Einfälle notierte.). Darum: Man trage stets einen kleinen Notizblock (DIN A 7) und – Stift bei sich …

Äußere Voraussetzung für fruchtbare Vorbereitungsarbeit ist das Herausfinden der besten Arbeitszeit, die bei uns oft verschieden ist … Dem einen kommen die Gedanken bei einem Glas Wein, dem anderen beim Spazierengehen. So läppisch es klingt: die ›ambulante Behandlung‹ des Geistes wirkt besonders beim motorisch veranlagten Menschen. ›Peripa­tein‹ – das Umherwandeln war schon bei den alten Griechen ein Mittel, um reiche Jagdbeute im Gedankenrevier zu machen. Man denke zum Beispiel an die Bedeutung des mittelalterlichen Kloster-Kreuzgan­ges. Goethe meint, Bewegung in frischer Luft bringe produktivmachende Kräfte. Und nicht zuletzt ist es wieder Wilhelm Busch, der die Bedeutung der körperlichen Bewegung für die Gedankenarbeit erkannt hat, wenn er reimt:

M 3:
›Ein leichtes Rütteln, sanftes Schwanken
erweckt und sammelt die Gedanken.
Manch Bild, das sich versteckt vielleicht,
wird angeregt und aufgescheucht.‹

M 1:
Philosophisch im tiefen Sinne des Wortes ist Lemmermanns populäre Rhetorik gewiss nicht, aber es steckt eine Menge Alltagsklugheit darin. Sie ist, mit Descartes zu sprechen, ad usum vitae geschrieben. Nicht für die großen Augenblicke, aber nützlich für die Mittellagen des Lebens.

Natürlich lässt sich eine Menge gegen Rhetorikbücher dieser Art ein­wenden. Poesie und Ideentiefe, Ich-Erforschung, abgründige Ironie oder klare Systematik, Gedankenschärfe, Moral, Gesellschaftskritik – das sind nicht die Domänen der Erwerbsrhetoriker, auch fällt ein Mangel an Origi­nalität und ein Hang zu Gemeinplatz und Sentenz auf. Um ein wenig zu übertreiben: Wir wandern durch die Kapitel mancher populä­rer Rhetoriken, als ob wir durch einen Ikea-Katalog des Geistes spazieren gingen. Alles steht im passenden Licht, appetitlich und geschmackvoll, hell, sauber, zweckmäßig, adrett, vernünftig – mit einem Wort: einladend und ansprechend für jedermann. Und das ist kein Zufall. Es ist vielmehr die Anwendung des ersten und ältesten rhetorischen Prinzips. Es besagt, dass der Redner die zu erwartenden Gefühls – und Gedankenwelten der Zuhörer ernst nehmen und zum Ausgangspunkt der eigenen Argumenta­tion machen soll. Im Reich der Rhetorik ist der Kunde König, nicht der Autor. Wer das beachtet, ob er nun über Tiefkühlketten redet oder die Ketten der Lohnsklaverei, der hat schon viel gewonnen. Wer sich al­lerdings für sein Publikum nicht interessiert, der wird es auch nicht er­reichen. Cicero sagt das so:

M 3:
»Wir brauchen einen Mann mit scharfem Geist und einer Klugheit, die sich auf Begabung und Erfahrung gründet, einen Mann, der ein Gespür für die Gedanken und Gefühle, Meinungen und Erwartungen seiner Mitbürger und der Menschen hat, die er durch seine Rede von etwas überzeugen will. Er muss die Eigenarten jeden Stammes, Alters oder Standes kennen und die Gesinnung und Empfindung derer zu erspü­ren suchen, vor denen er etwas vertritt oder vertreten soll.«

M 1:
Manche der modernen Rhetoriklehrer scheinen ihrem Publikum nicht viel Urteilskraft zuzutrauen – vor allem die Anbieter von Kurzrhetoriken und Musterreden mit Anweisungen für den Zeitpunkt der Erhebung von Sektglas, Zeigefinger und Stimme. Diese Bücher sind meistens ebenso dünn wie dümmlich. Man muss vor ihnen allerdings nicht warnen; denn das besorgen sie selbst, vorausgesetzt natürlich man wirft einen Blick hinein. Manchmal genügt sogar schon der Titel: Denn dass uns jemand, wie es einer der Autoren verspricht, »in 8 Tagen zur guten Rede« führen kann – wer sollte das im Ernst glauben?

Einen anspruchsvollen Weg dagegen geht der Stuttgarter Rhetorik-Trainer Heinrich Fey. Er mischt Erkenntnisse der Lernpsychologie und der Philosophie ebenso in sein Buch wie Beispiele aus Technik, Naturwissen­schaft und Politik. Die Hydraulik einer Doppelschrauben­motorschiffes lernt man kennen und den Zusammenhang zwischen dem Gewicht der Nebennierenrinde und der Wilddichte bei Damwild, ferner erfährt man etwas über die zweckmäßige Gestaltung des Schulunterrichts und den Aufbau einer Predigt – das Buch ist voller Einzelheiten, an denen Fey die rhetorischen Regeln zeigt. Das Buch heißt:

M 2:
Sicher und überzeugend präsentieren – Rhetorik, Didaktik, Medieneinsatz für Kurz­vortrag, Referat, Verkaufspräsentation, Berlin-Bonn-Regensburg 1993, 205 Seiten, gebunden, 38,00 DM.

M 1:
Fey wendet sich an Leute, die ihren Hörern von Berufs wegen über­durchschnittlich vertrackte Botschaften übermitteln müssen: zum Beispiel als Jurist das Sühneprinzip im Strafrecht, als Verkäufer ein Patent zur Sicherung von Autobahnböschungen, oder als Politiker ein Projekt für ökologische Industrieansiedlung. Sein Darstellungsprinzip beschreibt er selbst so:

M 2:
»Meist geht der Umgang mit einer Sache dem Erlernen des dazugehöri­gen Wortes voraus, oder Wort und Sachverhalt werden ge­meinsam erworben. Wir haben schon lange am Fläschchen gesaugt, be­vor wir wussten, wie es heißt …

Der Vorgang ist im einzelnen so zu beschreiben: wir haben einen Sin­neseindruck, ein Sinnesdatum, dann entsteht für uns daraus auf dem Weg der Erfahrung der Gegenstand, und endlich schließen wir aus den verschie­denen Sinnesdaten und der Erfahrung auf Zusammenhänge, auf die Stellung des Gegenstandes in der Welt, auf die Relation und suchen oder finden dafür passende Wörter, Zeichen, Begriffe und Ober­begriffe …

Deshalb besteht die alte Schulmeister-Regel wohl zu Recht:

M 3:
Erst zeigen, dann sagen.

M 2:
Das Sprechen vollzieht sich in der Sprachebene. Die Sprachebene ist, bezogen auf die Sachebene, eine Ebene darüber, eine Meta-Ebene. Ver­wenden wir allgemeine Begriffe, sind diese wiederum in einer Ebene über jener der Begriffe für das einzelne, das besondere, also Metaebene zur Ebene der Sprache für das Konkrete. Ein Vortrag, der vorwiegend aus allgemeinen Begriffen besteht, bewegt sich somit in einer Metaebene zu einer Metaebene. Kein Wunder, wenn die Hörer hier nicht mehr folgen können oder folgen wollen. Sprechen Sie also von den Dingen und nicht über die Dinge, und jedermann wird Ihnen gern zuhören. Wir erfüllen damit eine alte Forderung des Wilhelm von Ockham an die Wissenschaft: die Forderung nach der Ökonomie der Begriffe …, d. h., möglichst keine Begriffe einzuführen oder zu benutzen, die nicht von der Sache verlangt werden …«

M 1:
Natürlich hat Fey die linguistischen und lernpsychologischen Grundgedanken seiner Rhetorik nicht eigens und in Person erfunden. Er bedient sich frei nach Bedarf bei Aristoteles und Charles Sanders Peirce, bei Faraday ebenso wie bei Max Bense, Bertrand Russell, Ludwig Wittgen­stein und vielen anderen. Fey folgt dem zweiten Prinzip der Rhetorik, das darin besteht, keine Erkenntnisquellen zu verschmähen. Man könnte es ein Prinzip methodischer Prinzipienlosigkeit nennen oder einen Anwendungsfall der anarchistischen Erkenntnistheorie Paul Feyer­abends oder ein gnadenloses intellektuelles Zappen, doch wie auch im­mer: Jeder Gedanke ist willkommen, wenn er plausibel klingt. Ob eine Formulierung von einem großen Philosophen stammt oder von einer kleinen Comicstrip-Figur, ob eine Metapher aus der Natur oder aus dem Straßenverkehr genommen ist, ob sie Tiefe hat oder nur ein bisschen fremden Schimmer – das alles ist nicht entscheidend – wichtig ist der Beitrag zum bunten Gewebe der Rede, die den Zuhörer unterrichtet, unterhält und im besten Falle auch bewegt. Cicero sagt:

M 3:
»Da die Beredsamkeit nicht leer und nackt dastehen darf, sondern durch ein mannigfaltiges reizvolles Wechselspiel verbrämt und ausge­schmückt sein muss, gehört es zu einem guten Redner, dass er viel gehört und viel gesehen, viel erwogen und bedacht und viel gelesen habe, doch nicht davon als von seinem Eigentum Besitz ergriffen, sondern wie von Fremdem nur gekostet habe …«

M 1:
Über das scheinbar banale Thema der Arbeit an der Wandtafel schreibt Fey:

M 2:
»Dass Wandtafel-Arbeit Zeit braucht, haben wir schon erwähnt. Doch kann man diesen nötigen Zeitaufwand auch bewusst einsetzen, um Zeit zu schinden, um so die Anforderungen an die Schlagfertigkeit des Referen­ten herabzusetzen.

Die Fragen werden an der Wandtafel gesammelt. Während der Refe­rent schreibt, kann er schon versuchen, die Fragen für sich günstiger zu formulieren, und er gewinnt Zeit, sich eine Antwort einfallen zu lassen …

Dann nummeriert er die Fragen durch und fasst ganze Frage-Grup­pen durch Pfeile und geschweifte Klammern oder Farben zusammen:

M 3:
›Lassen Sie uns mit der dritten Frage beginnen, die wird so zur Num­mer 1, dann mit der vierten Frage als Nummer 2 weitermachen …‹

M 2:
»Hierdurch gewinnt der Referent noch einmal Zeit und vermag die Fra­gen in eine für ihn günstige Reihenfolge zu bringen, wobei durch einfache Schwerpunktverlagerung Schwierigkeiten umgangen werden können und leicht Unangenehmes durch Angenehmes zu verdecken ist … Wirklich strittige Bereiche schiebt man möglichst ans Ende, um so die Möglichkeit zu haben, wegen (angeblichen) Überschreitens des Zeitlimits abzubrechen.«

M 1:
Hat man richtig gehört? Rät der Rhetoriker, »Unangenehmes durch Angenehmes zu verdecken«? Ist das nicht intellektuelles Foulspiel? Nun gut, antwortet der Rhetoriker, ganz lupenrein ist die Sache nicht, aber erstens schreibe ich meine Bücher nicht für Mönche, sondern für Leute, die sich im Alltag behaupten müssen, und zweitens – ein bisschen schum­meln gehört eben zum Leben. So weit, so harmlos und so gut – aber es gibt auch Autoren, deren Empfehlungen den Bereich des Boshaften nicht nur streifen. Einer scheint ein aufmerksamer Beobachter von Elefanten- und Tigerrunden im Fernsehen zu sein. Er schreibt:

M 2:
»Widerlegen Sie Ihren Partner oder Gegner zunächst einmal mit pseudo­sachlichen Überlegungen. Interpretieren Sie ihn einfach falsch. Nehmen Sie einen Teil seiner Sachargumente heraus, unterstellen ihnen einen anderen Sinn und widerlegen Sie, was er angeblich gesagt hat. Damit drängen Sie Ihren Gegner zunächst in eine Verteidigungsposition. Er muss dem Publikum gegenüber erklären, dass er das ja gar nicht ge­meint habe … Nützt das alles noch nichts, dann stellen Sie die Persönlich­keit Ihres Gegners vollends infrage … Schieben sie seinen Argumenten oder Behauptungen niedrige Motive unter, verdächtigen Sie ihn der Unfair­ness, bezichtigen sie ihn der Diffamierung und der Demagogie, verwirren Sie die Begriffe!«

M 1:
Wir lassen den Autor ungenannt, in seinem eigenen wohlverstandenen Interesse und auch, weil wir ihm für seine üblen Ratschläge nicht auch noch Publicity gönnen mögen. Wenn man sich auf diese Art von Rheto­rik einlässt, könnte es bedeuten, dass das dritte Grundprinzip der kommer­ziellen Rhetorik schlicht und einfach überschrieben werden müs­ste mit dem Titel: »Lug und Trug«. Und so lautet ja auch ein be­liebtes Klagelied über die Rede-Künstler: Sie seien skrupellose Propagandis­ten, geltungssüchtig, erfolgsversessen und scherten sich einen feuchten Keh­richt um Wahrheit und Moral. Ob es früher besser bestellt war mit diesen Propagandisten, darüber kann uns vielleicht das letzte der heute Abend vorgestellten Bücher Auskunft geben.

M 2:
Aristoteles: Rhetorik an Alexander, herausgegeben, übertragen und mit einem Vorwort versehen von Paul Gohlke, Schöningh Verlag, Paderborn 1959, 109 Seiten, broschiert, 8,20 DM.

M 1:
Dies ist der älteste erhaltene Rhetorikkurs. Er stammt aus der Mitte des vierten Jahrhunderts vor Christus, aus einer Zeit also, von der man glauben möchte, dass Recht noch Recht war, wenn nicht sogar das Wünschen noch geholfen hat. Das Buch ist unter dem Namen des griechischen Philosophen Aristoteles überliefert, wahrscheinlich zu Un­recht, aber das soll uns jetzt nicht stören. Aristoteles schreibt:

M 2:
»Man hüte sich …, hässliche Dinge mit hässlichen Worten zu benen­nen, damit man seine Gesinnung nicht in schlechtes Licht stelle, sondern man muss derartiges dunkel andeuten … Man bediene sich des verstellten Ernstes und mache das am Gegner lächerlich, worauf er am meisten stolz ist. Im persönlichen Verkehr und vor wenigen Zuhörern muss man ihm die Ehre nehmen, vor der Menge aber soll man besonders mit allge­meinen Anschuldigungen arbeiten. Aufbauschen und herabsetzen muss man …«

M 1:
Dies zum persönlichen Umgang mit dem politischen Gegner, wohl ge­merkt nicht heute, sondern vor fast zweieinhalb Jahrtausenden. Und auch für die damals buchstäblich auf dem Markt, nämlich unter freiem Him­mel öffentlich ausgetragenen Gerichtsverhandlungen erteilt der griechische Lehrmeister keine zimperlichen Anweisungen.

M 2:
»Der Ankläger …muss die Rechtsbrüche und Verfehlungen der Gegner aufbauschen und vor allem zeigen, wie der andere freiwillig, mit Vorbedacht und … besonders großen Mitteln gefrevelt habe … Kann man dies nicht, muss man vielmehr einräumen, dass der Gegner … trotz bester Absicht nur Pech gehabt habe, dann muss man aber die Verzei­hung abschneiden. Indem man nämlich den Zuhörern sagt, man solle nicht nach der Tat von bloßen Fehlern sprechen, sondern müsse sich vorher in Acht nehmen, und sodann wenn jener auch nur … Pech gehabt habe, so müsse doch eben wegen seines Pech und seiner Fehler der Täter bestraft werden … Im letzten Teil der Rede … macht man seine Wider­sacher schlecht und erregt den Neid gegen sie, wenn man behauptet, dass durch sie oder ihre Freunde den Zuhörern oder ihren Angehörigen übel mitgespielt wurde … Daraus nämlich wird Hass und Zorn gegen sie erwach­sen. Geht dies nicht, wird man alles zusammentragen, was die Zuhörer neidisch machen wird auf die Gegner, da Neid nicht weit ab liegt vom Hass … Mit diesen Mitteln wird man im Nachwort sich selber in ein günstiges, die Gegner in ungünstiges Licht setzen. Aus allen diesen Stücken wird man kunstgerecht die Anklage- und Verteidigungsreden zusammenstellen …«

M 1:
Dies zur Kultur öffentlicher Rede vor zweieinhalb Jahrtausenden. Ein Politiker, der heute öffentlich derartige Ratschläge erteilen würde, hätte vermutlich binnen kürzester Frist gehörigen Ärger. Im Vorwort zur deutschen Ausgabe der Rhetorik an Alexander heißt es denn auch:

M 2:
»Man kann die Rhetorik an Alexander nicht lesen, ohne zuweilen geradezu ein Grauen zu empfinden vor dem Zynismus ihres Verfassers.«

M 1:
Grauen-empfinden ist bekanntlich eine der Lieblingsbeschäftigungen des moralischen Menschen – aber wir wollen doch lieber zu sehen, ob sich die Sache aufklären lässt. Dazu müssen wir ein wenig ausholen:

Die Redekunst gehörte im klassischen Athen zur Grundausbildung des heranwachsenden Bürgersohnes. Bald, nachdem die Stadt das Alphabet kennengelernt hatte, führte sie geschriebene Gesetze ein; fortan, so dachte man sich, sollten goldene Worte anstelle von Tyrannen die Herrschaft ausüben. Die öffentlichen Angelegenheiten wollte man in Athen nicht mehr durch Gewalt, sondern in Rededuellen im Stadtparla­ment und vor den Volksgerichten entscheiden. Ob Kriegserklärung, Steuer­erhöhungen oder die Besetzung der Regierungsämter – alles war Gegenstand von Debatte und Abstimmung, und zwar in der Öffentlich­keit, vor dem Auge und Ohr des Stadtvolks. Während vorher gegolten hatte, dass nur die Regierenden reden durften, war es nun umgekehrt: Nur wer zu reden verstand, durfte hoffen, ein Regierungsamt zu erobern. Ein eigener Beruf hatte sich daraus entwickelt, die sogenannten Logogra­phen – zu deutsch: Redenschreiber. Sie lieferten, gegen Geld, versteht sich, Reden für jede Gelegenheit. Um sich die Arbeit zu erleichtern, gin­gen die Logographen ähnlich vor wie es heutige Software-Ingenieure tun. Sie führten Arbeitsprotokolle. Sie schrieben ihre Erfahrungen auf und sammelten Musterstücke: Zum Beispiel stehende Redewendungen, passende Gesetzestexte, Sprichwörter, Redefiguren, Reaktionen der Zuhörer usw. Und aus diesen Werkbüchern der Logographen entstanden die ersten Lehrbücher der Rhetorik. Die Redenschreiber eröffneten Schu­len. Die jungen Männer aus den besseren Kreisen feilten dort an Übungsreden, vorzugsweise mit bizarren Themen, etwa »Lobrede für eine Maus« oder »Schelterede gegen das Salz«, und sie lernten zu deklamieren. Die politische, und gerade auch die streitende und aggres­sive Rhetorik ist also ein Kind der Freiheit und des Alphabets. Jede Rede hatte eine Widerrede und jede Debatte einen Schiedsrichter, nämlich das Volk. Und was folgt daraus für den Redner? Die Rhetorik an Alexander sagt:

M 2:
»Man soll … seine Bemühungen nicht nur auf das Reden richten, sondern auch auf das eigene Leben … Weil der ganze Lebenszuschnitt viel dazu hilft, überzeugend zu wirken und einen guten Ruf zu genießen … Man wird persönlich gewinnen, wenn man seine Verabredungen ein­hält, dieselben Freunde fürs ganze Leben bewahrt und auch in allen übri­gen Betätigungen sich nicht als wankelmütig, sondern standhaft erweist. Man wird beachtet werden, wenn man sich an Großes und Edles und für die Allgemeinheit Nützliches wagt … Und anstatt die Worte kurz, klar und glaubwürdig zu gestalten, soll man lieber die Dinge selber danach einrichten.«

M 1:
Anders gewendet: Das Ziel des Redners ist es, die Zustimmung des Pub­likums zu gewinnen; die Rede soll wirken. Die Wirkung der Rede ist aber nicht allein von ihrem geschickten Aufbau, von Mienenspiel und Stimmgewalt des Redners abhängig, sondern auch von der stummen Kraft seiner menschlichen Ausstrahlung. Und der Redner braucht einen Ruf, der mit seinen Worten einigermaßen übereinstimmt. Sonst glaubt ihm keiner, was er sagt. Und wie erwirbt er diese wichtigste Waffe des Redners, die Glaubwürdigkeit? Ganz schwer und ganz einfach: Indem er ziemlich oft, wenn schon nicht die eine große, dann wenigstens seine konkrete Wahrheit sagt und sich im Duell fair verhält. Der Gebrauch gemeiner Tricks und hinterhältiger Lügen verbietet sich im Normalfall also schon aus rhetorischen Gründen: Er kommt nicht gut an; als Notbe­helf ist er allerdings manchmal unentbehrlich. Der römische Redelehrer Quintilian pflegte zu sagen:

M 3:
»Der Ruf eines Redners muss so untadelig sein, dass man ihm notfalls auch eine Lüge glaubt.«

M 1:
Im Idealfall gilt aber etwas anderes: wenn der Redner an Formu­lierungen feilt, dann formt er zugleich das Bild seines Charakters. Hören wir ein letztes Mal Cicero:

M 3:
»Es ist auch gar nicht möglich, dass der Zuhörer Schmerz oder Hass, Neid oder Furcht empfindet, dass er sich zu Tränen und Mitleid bewegen lässt, wenn alle die Gefühle, zu denen der Redner die Zuhörer bringen will, dem Redner selbst nicht eingebrannt und eingeprägt erscheinen … Was mich angeht, so besteht kein Grund, weshalb ich vor so klugen Leu­ten … lügen sollte … Denn eben die Natur der Rede, die man einsetzt, um auf andere zu wirken, wirkt noch stärker als auf irgend einen der Zuhörer auf den Redner selbst.«

M 1:
Das dritte Prinzip der Rhetorik ist also nicht Lug und Trug, sondern ganz im Gegenteil: Glaubwürdigkeit – was allerdings die eine oder an­dere Notlüge nicht ausschließt. Wenn jemand die Unwahrheit sagt, sei es nun in einer Geburtstagsrede, in einem Werbefilm oder in der Politik, so ist das gewiss kein schöner Zug; gefährlich wird es aber erst, wenn die Widerrede unterdrückt wird. Man darf sich also nicht den Mund ver­stopfen lassen. Die Kunst der freien Rede braucht vor allem eines, nämlich Redefreiheit. Nur Despoten sind nicht auf die Zustimmung des Publikums angewiesen. Die Rhetorik ist eine urdemokratische Wissen­schaft – was vielleicht auch ihre literarische Unterholz-Existenz erklärt. Vor den letzten Wahlen zum Europaparlament konnte das französische Publikum im Fernsehen Abend für Abend je zwei politische Matadore nach Kopfes- und nach Herzenslust streiten sehen; die Sendungen waren ein Publikumsrenner. Dass wir in Deutschland als Höhepunkt der Redekunst die betretene Feierlichkeit eine Ansprache unseres Staatsober­haupts vor geladenen Gästen mit Blumenschmuck und Streichorchester verehren – darüber kann man lange nachdenken.

Am 28. August 1963 kamen 250.000 Menschen aus allen Teilen der Ver­einigten Staaten nach Washington; sie demonstrierten in einer politisch aufgeheizten Stimmung gegen Rassendiskriminierung, für Arbeit und Freiheit. Die Schlussrede hielt der Pfarrer Dr. Martin Luther King.

M 2:
»Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Geor­gia die Söhne früherer Sklaven und die Söhne früherer Sklavenhal­ter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.
Ich habe einen Traum, dass sich eines Tages selbst der Staat Missis­sippi, ein Staat, der in der Hitze der Ungerechtigkeit und Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandelt.
Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird …
Lasst den Ruf der Freiheit erschallen von Tennessee Lookout Moun­tain. Lasst die Freiheit erschallen von jedem Hügel und Maulwurfshügel Mississippis, von jeder Erhebung! Lasst die Freiheit erstrahlen! Wenn wir die Freiheit erschallen lassen – wenn wir sie erschallen lassen von jeder Stadt und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Großstadt, dann wird schon bald der Tag kommen, an dem alle Kinder Gottes – schwarze und weiße Menschen, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken – sich die Hände reichen und die Worte des alten Negro-Spirituals singen kön­nen: ›Endlich frei! Endlich frei! Großer allmächtiger Gott, wir sind end­lich frei!‹

O-Ton Martin Luther King, der erste Abschnitt unter dem letzten Ab­schnitt des deutschen Textes, danach der englische Text allein:

»I have a dream that one day on the red hills of Georgia the sons of for­mer slaves and the sons of former slave owners will be able to sit down together at the table of brotherhood.
I have a dream that one day even the state of Mississippi, a state swelter­ing with the heat of injustice, sweltering with the heat of oppres­sion, will be transformed into an oasis of freedom and justice.
I have a dream that my four little children will one day live in a nation where they will not be judged by the color of their skin but by the content of their character.
I have a dream today.
I have a dream that one day down in Alabama, with its vicious racists, with its governor having his lips dripping with the words of interposition and nullification, that one day right down in Alabama little black boys and black girls will be able to join hands with little white boys and white girls as sisters and brothers. …
This will be the day when all of God’s children will be able to sing with new meaning, »My country ’tis of thee, sweet land of liberty, of thee I sing. Land where my fathers died, land of the Pilgrims’ pride, from every mountainside, let freedom ring.
Let freedom ring from the snow-capped Rockies of Colorado. Let free­dom ring from the curvaceous slopes of California. But not only that; let freedom ring from the Stone Mountain of Georgia. Let freedom ring from Lookout Mountain of Tennessee.
Let freedom ring from every hill and molehill of Mississippi. From every mountainside, let freedom ring.
And when this happens, and when we allow freedom ring, when we let it ring from every village and every hamlet, from every state and every city, we will be able to speed up that day when all of God’s children, black men and white men, Jews and gentiles, Protestants and Catholics, will be able to join hands and sing in the words of the old Negro spiritual, »Free at last! Free at last! Thank God Almighty, we are free at last!«

Ende

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