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Ein Vergnügen, das man sich gönnen sollte (15.05.23)

Theater ums Recht – Recht als Theater

Rendsburger Tage zu Literatur und Recht – Ausgabe 2023

Dass die feinen Seiden-Roben sowohl der weiblichen als auch der männlichen Karlsruher Verfassungsrichter von der Kostümabteilung des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe geschneidert wurden, ist nicht der einzige Hinweis auf die zahlreichen Verbindungen zwischen Justiz und Theater. Das Recht macht sich zur Unterstützung seines Geltungsanspruchs effektvolle Inszenierungen zunutze. Umgekehrt nutzt das Theater dramaturgische Elemente des Gerichtsprozesses – auch zur bisweilen satirischen Justizkritik. Und von der Tragödie über die Oper bis zu Court-Room-Movies, Graphic Novels und diversen True-Crime-Formaten unserer Tage – mediale und künstlerische Inszenierung rechtlicher Probleme erfreut sich ungebrochenen Zuspruchs.

Diesen und weiteren Aspekten der Beziehung zwischen Recht und Literatur geht eine Tagung nach, die vom 27. bis zum 29. Oktober 2023 im Rendsburger Nordkolleg stattfindet. Es ist die mittlerweile zwölfte Ausgabe einer im Jahre 2001 begonnen Reihe. Unterstützt wird sie vom Mittelalterlichen Kriminalmuseum Rothenburg ob der Tauber sowie von den Anwaltskanzleien Knauer & Rechtsanwälte München, Berlin, Frankfurt und verte rechtsanwälte Köln, denen großer Dank gebührt.

Zu Wort kommen auch diesmal wieder prominente und sachkundige Fachleute aus der Welt von Literatur und Recht, darunter der Büchner-Preisträger Reinald Goetz, der sich anhand seines  Normendramas »Reich des Todes« mit dem Staatsrechts-Professor Florian Meinl (Göttingen) austauschen wird. Die Kölner Strafrechtsprofessorin Anja Schiemann wird über den »Kriminalfall Woyzeck« sprechen, jenem Mordgeschehen vom 2. Juni 1821, das Georg Büchner zu seinem gleichnamigen Theaterstück und Alban Berg zur Oper Wozzek inspiriert hat.

Reinhard Merkel, engagierter Publizist, Strafrechtler und Rechtsphilosoph, geht dem satirischen Kampf für das Recht des großen Schriftstellers Karl Kraus nach, dessen Rechtsakten die Wiener Literaturwissenschaftlerin Isabel Langkabel erläutern wird. Oliver Harry Gerson ist Habilitand am Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht an der Universität Passau und deckt verblüffende Parallelen in Rollenverständnissen bei Gerichtsverfahren einerseits und im Theater andererseits auf.

Der Saarbrücker Strafrechtsprofssor Mustafa Temuz Oglakcioglu lotet das rechtsdidaktische Potenzial der Graphic Novel aus, während der Frankfurter Rechtsanwalt Ulrich Fischer die vielfältigen Rechtsverstrickungen Bert Brechts unter die Lupe nimmt. Markus Hirte, geschäftsführender Direktor des in Deutschland einzigartigen Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg ob der Tauber widmet sich dem durchaus theatralisch angelegten frühneuzeitlichen Rechtsgang und Strafvollzug: »Der endliche Rechtstag als Theater des Schreckens« heißt sein Vortrag.

Daria Bayer erregte vor wenigen Jahren bundesweit Aufsehen mit ihrer juristischen Dissertation »Tragödie des Rechts«, die im ersten Teil aus einem Theaterstück besteht und im Weiteren die marxistische Rechtskritik und Grenzfragen von Theater und Recht erörtert. Daniel Damler ist Rechtsanwalt und lehrt als Privatdozent Rechtsgeschichte sowie Rechtstheorie. Er befasst sich mit Schnittpunkten zwischen Kunst und Recht: Analoge Normativität und konzeptuelle Metaphern in der Rechtsgeschichte sowie materielle/visuelle Kultur des Rechts sind Daniel Damlers Themen.

Zum Abschluss der Tagung erwartet uns eine Lesung der österreichischen Schriftstellerin und Professorin an der Kölner Kunsthochschule für Medien Kathrin Röggla (angefragt), die ihren Justiz-Roman »Laufendes Verfahren« vorstellen wird.

Die Rendsburger Tagungen zeichnen sich neben ihrem hohen fachlichen Niveau auch durch einen für solche Veranstaltungen eher jungen Teilnehmerkreis aus. Hinzu kommen die Debattierfreude und ein entspannt-gesprächiges Verhältnis zwischen Vortragenden und Zuhörenden. Befördert wird die wohlgelaunte Atmosphäre durch den zauberhaften Garten im Innenhof der Tagungsstätte, die zum Spaziergang einladenden Uferpromenaden des Nord-Ostseekanals und die herzhafte norddeutsche Küche im traditionsreichen Nordkolleg.

Anmeldung und weitere Informationen unter https://www.nordkolleg.de/seminare/details/seminar/l17-2023/

Konzept und Vorbereitung: Britta Lange (Rendsburg), Prof. Dr. Hermann Weber (bis 2017), Professor Dr. Mustafa Temuz Oglakcioglu (Saarbrücken),Dr. Makus Hirte (Rothenburg o.d.T.), Martin Rober (+, Herxheim)) und Christoph Schmitz-Scholemann (Weimar)

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