Eine Stimme spricht – Ein Gedicht gegen den Krieg (01.02.24)
Das Eine ist die Fassungslosigkeit gegenüber den Kriegsnachrichten, die uns täglich erreichen. Das Andere ist die Fassungslosigkeit gegenüber den Rechtfertigungen für die Grausamkeiten, die uns aufgetischt werden.
Keine Mörderei ist offenbar zu furchtbar, keine Blutrunst zu blutig, keine Waffe zu schwer, als dass sie nicht als notwendig in irgendeinem höheren Interesse gerechtfertigt werden könnte, sei es eine Weltanschauung, die Freiheit, die Gerechtigkeit, die »Werte«, die Nation, die Zukunft oder Gott oder was auch immer.
Von dem spanischen Dichter Saulo Torón Navarro* (28. Juni 1885 – 23. Januar 1974), der in Las Palmas de Gran Canaria lebte, wird gesagt, er habe sich mit Beginn des spanischen Bürgerkriegs aus dem literarischen Leben vollkommen zurückgezogen und geschwiegen. Von diesem Verstummen scheint das nachfolgend wiedergegebene Gedicht »Habla una voz.« ein Zeugnis abzulegen.
Saulo Torón Navarro
HABLA UNA VOZ.
He callado sintiendo el horror del combate,
el cañón que derrumba, la metralla que abate,
las espadas sangrantes en la siega feroz;
he callado sintiendo el temblor del espanto,
la tragedia del grito, el quejido del llanto …
porque todo se hacía en el nombre de Dios.
He mirado ciudades convertidas en llamas;
y entre escombros humeantes, muertos niños y ancianos,
en un bárbaro ataque sanguinario y atroz;
he mirado las cunas hechas pastos del fuego,
y he callado ante el loco, he callado ante el ciego …
porque todo se hacía en el nombre de Dios.
He sabido que el hambre hacía estragos tremendos,
que se han dado suplicios y castigos horrendos,
con el odio en el alma y el rugido en la voz;
y ante tanto hecho bárbaro, ante tanto delito,
he llorado de rabia, con dolor infinito,
¡porque todo se ha hecho en el nombre de Dios!
Saulo Torón Navarro
Eine Stimme spricht.
Den Schrecken des Krieges hab ich gesehn und ich schwieg.
Krach der Kanonen, Einschlag der Splittergeschosse,
Das Rasen der blutig mähenden Schwerter.
Das Grauen hat mich geschüttelt, ich hörte
Die tragischen Schreie, das Heulen und Wimmern und Klagen.
Ich schwieg. Denn alles geschah im Namen Gottes.
Städte sah ich in Flammen aufgehen, sah Leichen liegen
Von Kindern und Alten in rauchenden Trümmern.
Barbarische Blutrunst, brutale Attacken.
Vom Feuer zerfressen die Wiegen der Säuglinge.
Ich schwieg: Vor dem Verrückten. Ich schwieg: Vor dem Blinden.
Denn alles geschah im Namen Gottes.
Ich wusste vom zermürbenden Wüten des Hungers,
Vom Schrecken der Strafen, von viehischen Foltern, ich hörte
Den Hass in den Herzen, das Gebrüll in der Stimme.
So viele Verbrechen, so viel Barbarei.
Ich habe geweint vor Wut und nicht endendem Schmerz.
Denn alles geschah im Namen Gottes.
* Die – im Gegensatz zum spanischen Original reimlose – deutsche Fassung stammt von mir. Das Werk Saulo Torón Navarros ist bisher, soweit ersichtlich, nicht ins Deutsche übersetzt worden. Die Stadt Las Palmas de Gran Canaria hat einen Platz an der Uferpromenade von Las Canteras nach dem Dichter benannt. Dort begann am 29. Januar 2024 ein Demonstrationszug einiger hundert Schulkinder, die unter dem Motto »Tag des Friedens« am Strand entlang zogen, nach Frieden riefen und sangen.