»ich bin ein elephant, madame«
in der stadt alexandria lebte eine straußbinderin
sie arbeitete auf dem blumenmarkt
sie war jung und trug ein tuch um den hals
dieses tuch hätte ich sein mögen
und den demütigen nacken des mädchens umschmiegen
aber ich war das graue und schweigsame
was auf dieses tuch gemalt war
ein elephant vermutlich
ja man konnte mich mieten
wer mich mietete den trug ich wohin er wollte
meist ging es zum einkaufen
ich trug den herrn und seinen koch
die schafsköpfe und kürbisse
taube und feige und nüsse und fisch
und minze und ochsenschwänze
und das geraschel der bedeutsamen papiere
ich war sehr verliebt in die straußbinderin
fast jeden tag habe ich ihr ein geschenk überreicht
einen gestohlenen apfel
mit einem schwung meines rüssels
eine orange
einen silbernen kamm eine nach zimt duftende rose
und einmal geschah das unglaubliche
ich habe ihr mit dem rüssel das tuch gelöst
diesen hauch diesen geist diesen traum
den sie um den hals trug
und ich habe das tuch in den himmel geworfen
wo es schwebte und zitterte
wie eine liebevolle drohung
ich fühlte mich sehr leicht
als wäre ich selbst dieses tuch
ich habe die straußbinderin in diesem augenblick
nur von der seite gesehen
aber ich hatte das gefühl daß sie lächelte
und daß sich der seidenstoff über ihrer brust
etwas spannte wie bei einem seufzer
dann gingen wir wieder an unsere arbeit
anderntags war sie verschwunden
lange noch habe ich mich gefragt
ob sie mich vergessen hat
und woher es kommt
daß man manchmal glücklich ist
obwohl man eine häßliche haut hat
viel zu kleine augen
und keinerlei rhetorische begabung
und unterhalb dieser fragen
lag noch eine andere frage
oder ein seufzer
den ich nicht genau erkennen kann
in diesem schweigsamen grauen
das ich bin