Ovid An Cypassis
(Amores, 2. Buch, 8. Gesang)
Künstlerin! Tausendfältig weißt du die Locke zu legen,
Cypassis, allein göttlichen Haargeflechts,
Voller Süße die Stunden und du voller Raffinessen,
Meiner Frau paßt du gut, besser aber noch mir.
Welcher Spion verriet den kostbaren Bund unsrer Körper?
Wie hat Corinna bemerkt, daß dich ein Mann berührt?
Bin ich etwa errötet? Verriet ich das heimliche Feuer?
Flog mir ein falsches Wort unbedacht aus dem Mund?
War es vielleicht, weil ich sagte, Männer wie ich, also vornehme
Männer mit Stil und Verstand blieben den Sklavinnen fern?
Denn das ist ja nicht wahr: Schon Achilles entbrannte in Liebe für
Briseis, die Sklavin, und stritt heftig um ihren Besitz.
Sollte ich besser sein als Achill und besser als Agamamenon?
Was den Königen schmeckt, schlecht soll das sein für Ovid?
Doch als Corinna dich ansah mit zornigen Augen,
Da plötzlich rötete dir Scham dein süßes Gesicht,
Ich aber, wenn du dich freundlichst erinnerst,
blieb kühl bis ans Herz und ich
Tat bei Venus den Schwur: Sieh, ich bin treu wie Gold.
(Göttin, ach Göttin, vergib meinem lauteren Herzen den Meineid,
Mach, daß ein südlicher Wind ihn übers Meer verweht!)
Du aber, dunkelschöne Cypassis, komm auf mein Lager,
Gib mir gerechten Lohn, Dank meinen kühlen Mut!
Wie denn? Du zierst dich? Kannst nicht? Hast Angst?
Ausflüchte suchst du!
Bin ich dir nicht genug? Reizt dich ein anderer mehr?
Törichte! Weigre dich nicht. Sonst werde ich selbst der Verräter
Meiner eigenen Schuld, geh zu Corinna und sag,
Wo wir es trieben, Cypassis, in welchen Winkeln des Hauses,
Alles gebe ich preis: Wo und wie oft und wie.