Grußwort bei der Eröffnung des poetischen Wanderwegs „7 Sätze über meine Dörfer“ (Wulf Kirsten) (15.7.19)
Am 23. Juni 2019 wurde im Schloss Klipphausen (bei Meißen in Sachsen) eine, soweit ich weiß, einmalige poetische Landfschaftsinstallation eröffnet. Entlang eines Wanderweges in und um Klipphausen sind auf fest installierten Metalltafeln 19 Gedichte des Lyrikers Wulf Kirsten zu lesen, der am 21. Juni 2019 seinen 85. Geburtstag feierte. Die Gedichte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der „erde bei meißen“, jener Landschaft, in der Wulf Kirstens Poesie verwurzelt ist. Es handelt sich um ein Projekt der Gemeinde Klipphausen mit dem Thüringer Literaturrat e.V., dessen Vorsitzender ich bin.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mann,
lieber Wulf Kirsten, liebe Sofia Kirsten,
sehr geehrte und liebe Freundinnen und Freunde des Dichters Wulf Kirsten,
lassen Sie mich ein paar Worte des Dankes sagen für den Thüringer Literaturrat, der das Glück hatte, an dem mitzuwirken, was wir heute hier feiern. Eines der Ziele, die wir uns auf die Fahne geschrieben haben, besteht darin, dem Zusammenhang zwischen der Sprache, vor allem der dichterischen Sprache, und dem Raum, aus der sie hervorgegangen ist, nachzuspüren. Poesie wird als eine universale Sprache bezeichnet, aber sie kommt nicht aus dem Universum und sie spricht nicht zu den Sternen. Nein, sie hat ihre Herkunft und ihre Heimat auf der Erde und sie spricht zu uns als Menschen, die ebenfalls eine Herkunft haben und einen Raum, mit dem uns Gefühle, Gedanken, Bilder und Worte verbinden. Und ich freue mich sehr, dass die in Wahrheit archaische Verbindung der Poesie mit Landschaft und Herkunft gerade hier zu Tage treten kann: Auf der Erde bei Meißen, in Klipphausen, wo nun die Gedichte Wulf Kirstens ganz greifbar und körperlich Teil der Landschaft geworden sind und die Landschaft Teil der Poesie wird. Wir werden bei unserm Rundgang gleich beobachten können, wie ein Wort in der Landschaft seine Wirkung verändert und auch, wie die Natur eine Metalltafel mit einem Gedicht darauf in ihr eigenwilliges Spiel einbezieht, sei es, dass der Wind eines Baumes Blatt darauf ablegt oder dass sich ein Vogel darauf setzt und ein eigenes Gedicht singt.
Vor ungefähr einem Jahr waren Jens Kirsten und ich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister. Wir hatten Ihnen einen Brief geschrieben und vorgeschlagen, diesen Rundweg mit Gedichten Wulf Kirstens einzurichten. Wir wurden hier in diesem Hause freundlich empfangen, bekamen Kaffee und es fing damit an, dass wir über dies und das und das und dies sprachen, über Klipphausen und die Sächsische Staatsregierung und über Schulneubauten und das Industriegebiet, und irgendwann beschlich mich das ungute Gefühl, die Sache läuft wie so oft, wenn man als Kulturverein etwas von einem Politiker will, er redet, verteilt Plätzchen, und redet und redet, bis man vergessen hat, warum man überhaupt gekommen ist. Also nahm ich mir ein Herz und fragte, wie es denn mit unserem Vorschlag für den Dichterweg ist, ob Sie dem vielleicht nähertreten können. Und Sie, lieber Herr Mann, haben eine Antwort gegeben, die ich in vielen Jahren in sehr vielen solcher Gespräche nicht ein einziges Mal gehört hatte. Sie sagten ganz einfach das schöne deutsche Wort: JA. Das machen wir.
Auf der Rückfahrt im Auto fragten wir uns, ob wir richtig gehört hatten. Ob Sie, lieber Herr Mann, nicht doch gesagt hätten, Sie müssten erst noch den Denkmalschutz einschalten – und die Zustimmung des Gemeinderats – und das sei natürlich schwierig – und wer denn was bezahlen sollte – und überhaupt der Datenschutz und die Rechtslage kompliziert undsoweiter. Am Schluss waren wir uns einig, Sie hatten tatsächlich Ja gesagt, Sie haben es auch nicht nachträglich relativiert oder irgendwelche Quisquilien aufgeworfen. Dem Wort folgte die Tat: Die Vorbereitungen liefen ohne Hast und ohne Aufgeregtheiten munter und freundlich wie ein sächsisches Uhrwerk. Es war eine zuverlässige und wohlgelaunte Zusammenarbeit. Und heute sind wir hier und sagen Danke. Ganz herzlichen Dank der Gemeinde Klipphausen, den vielen, die vor allem auch in den letzten Wochen und heute die großen und kleinen Mühen getragen haben mit soviel Liebe zur Heimat und ihrem Dichter, und ganz besonders danken wir Ihnen, sehr verehrter Herr Bürgermeister Mann, bei Ihnen Frau Jänigen, die als Hauptamtsleiterin sicher manche Last zu schultern hatten, und Euch beiden, lieber Wulf Kirsten und liebe Sophia Kirsten, und Ihnen allen, die Sie durch Ihre freudige Anwesenheit diesen wunderschönen Morgen unvergesslich machen.