1945

Arbeitsrecht

Employment: Redundancy and Insolvency


Christoph Schmitz-Scholemann

 

Vortrag gehalten in Trier am 5. Oktober 2002

Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

als ich in einer Internet-Suchmaschine das Stichwort ›Lehrbuch für Konkursrecht‹ eingab, stieß ich zunächst nicht auf juristische, sondern belletristische Literatur, einen Roman. Das schien ein heiteres Verweilen auf meinen Erkundungsgängen durch das Insolvenzrecht zu versprechen. Aber bedauerlicher Weise endet der Roman mit dem sozialen Selbstmord eines Richters [1], was ein sicheres Indiz dafür zu sein scheint, daß wir es bei der Insolvenz mit einem melancholischen Thema zu tun haben. Wenn man sich dann weiter durch die websites klickt und die dort beispielsweise vorgehaltenen Ratschläge über das Konkursrecht in Kasachstan [2] studiert, oder, einer Laune folgend, sich in die Betrachtung der Reste des sündigen Lebens der Römer in Bath [3] oder Trier [4] verliert – letztlich führt alles zu der einen Feststellung: die Insolvenz ist der eigentliche, der Urzustand des Menschen. Im birthday-suit ist keine Tasche und im Totenhemd [5] auch nicht. Aber muß das ein Grund zur Traurigkeit sein? Schon Adam und Eva waren anfangs allem Anschein nach arbeitslos, jedenfalls widmeten sie sich der Gartenpflege [6]. Geld hatten sie auch nicht. Und doch: Gerade diese Kombination aus Erwerbslosigkeit und Insolvenz machte ihr Glück aus. Das Unglück fing erst an, als Gott mit Arbeit drohte [7]. Gibt es das heute noch, die glückliche Insolvenz? Die langjährige Lebensgefährtin des französischen Philosophen Voltaire, Mme du Châtelet [8], schrieb in der Einleitung zu ihrem »discours sur le bonheur«, ihre Ratschläge für ein glückliches Leben brauche ein Mensch ohne Geld gar nicht erst zu lesen. Sinngemäß: Wer nicht reich genug ist, um sich einen guten Koch zu leisten, für den ist Hopfen und Malz verloren. Andere Philosophen haben die angeborene Insolvenz nicht nur auf die finanzielle sondern auch auf die moralische Ausstattung des Menschen bezogen und deshalb vorgeschlagen, die Lehre vom guten Leben als einen Katalog von Notmaßnahmen zu formulieren und das Leben in etwa so zu führen wie ein kluger Insolvenzverwalter handelt, also: provisorisch, realistisch, gelassen und unbeirrt im Glauben an die Rettung der Substanz [9].

Und so bitte ich Sie auch meinen bescheidenen Vortrag zu verstehen, der die gewaltigen Galaxien des Kündigungsrechts und des Insolvenzrechts und ihr gelegentliches Ineinanderstürzen nur gewissermaßen provisorisch darstellen kann. Die Insolvenzrechtler und Arbeitsrechtler unter Ihnen mögen die nötigen Vereinfachungen gelassen ertragen. Ich habe versucht, ein realistisches Bild zu malen, ohne dabei die Substanz des Objekts zu verletzen. Frei nach den Worten des bekannten Philosophen und Fußballspielers Andy Möller, der, als ein Reporter ihn fragte, ob er seinen Gegner verletzt habe, antwortete: »Auf keinen Fall, ich habe ihn nur ganz leicht retouchiert.«

Beginnen wir mit dem Kündigungsrecht.

Das gesetzliche Urbild des deutschen Arbeitsvertrages ist der Dienstvertrag des römischen Rechts, die sogenannte locatio conductio operarum [10]. Diese wiederum ist dem Sach-Mietvertrag nachgebildet. Und das heißt: Es geht um Tausch: Leistung gegen Geld. Da Dienstleistungen nicht punktuell, sondern in der Zeit erbracht werden, wird der Dienstvertrag praktischerweise grundsätzlich auf bestimmte Zeit, also befristet, eingegangen. Nach Ablauf der vereinbarten Frist endet der Vertrag. Wird der Vertrag ausnahmsweise auf unbestimmte Zeit geschlossen, kann er von beiden Seiten gekündigt werden. Nach Ablauf der Kündigungsfrist sind die Vertragspartner geschiedene Leute. Kündigungsschutz ist unbekannt [11]. Weder kann der Dienstherr gezwungen werden, den Dienstnehmer länger zu beschäftigen, als er ihn braucht, noch kann der Dienstnehmer gezwungen werden, seine Dienste länger zu erbringen, als er sie «verkaufen« möchte. Diese klassische Einfachheit und gleichgewichtige Verteilung von Rechten und Pflichten im Modell des römischen Dienstvertrages spricht natürlich unser Gefühl für Proportionen an. Justitia ist eine schöne Göttin. Aber bei näherem Zusehen kommen wir doch nicht umhin, uns an einen Satz von Anatole France zu erinnern, der sagte, er bewundere die Majestät des Gesetzes, das es ohne Ansehen der Person Millionären ebenso wie Bettlern verbiete, Brot zu stehlen und unter Brücken zu schlafen. Anders gesagt: Die formal gleiche Verteilung von Rechten und Pflichten wirkt dysfunktional und unausgewogen, wenn ihr nicht auch eine wenigstens annähernd gleiche Verteilung der wirtschaftlichen Kraft zugrunde liegt. Dieser Umstand ist der Grund, warum der Dienstvertrag in seiner Urform heute nur noch für die crême der Dienstleister gilt, die sich den »artes liberales« widmet, also zum Beispiel freie Rechtsanwälte. Für die übrigen gilt Arbeitsrecht und folglich auch Kündigungsschutzrecht [12].

Meine Damen und Herren, das deutsche Kündigungsrecht, wie es sich in rund hundert Jahren entwickelt hat, stellt das klassische Dienstvertragsrecht praktisch auf den Kopf. Nicht der befristete Vertrag ist die Regel, sondern der Vertrag auf unbestimmte Zeit. Befristungen sind nach dem Gesetz nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber hierfür einen sogenannten sachlichen Grund angeben kann [13]. Nicht die Wirksamkeit einer Kündigung ist nach dem Kündigungsschutzgesetz die rechtliche Regel, sondern die Unwirksamkeit [14]. Die Entscheidung des Arbeitgebers, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist auch sonst vielfältig gebunden. Ein mir befreundeter Galerist sagte mir kürzlich, er habe sich wie Laokoon im Kampf mit den Schlangen gefühlt, als er den Versuch unternahm, einer ungetreuen Angestellten zu kündigen. Und Laokoon fühlte sich wirklich schlecht: Er hat nicht einmal mehr geschrien [15].

Denken wir uns nun einen mittelständischen Industriebetrieb mit 200 Arbeitnehmern. Nehmen wir an, seine Geschäfte gehen so schlecht, daß er nur noch für 100 Menschen Arbeit hat und den anderen 100 kündigen muß. Mit welchen Beschränkungen hat er zu rechnen?[16]

Erstens muß er rechnen mit institutionellen Beschränkungen. Damit meine ich Mitsprache- oder Kontrollrechte Dritter, vor allem staatlicher Stellen. Es handelt sich im wesentlichen um folgende Einrichtungen, die, wie mein Freund, der bereits erwähnte Galerist, meint, alle eines gemeinsam haben, nämlich, daß sie für das wirtschaftliche Ergebnis ihrer Mitsprache nicht haften:

Das Arbeitsgericht [17]
Der Betriebsrat [18]
Die Gewerkschaft [19]
Das Integrationsamt [20]
Das Arbeitsamt [21]
Der Regierungspräsident [22]
Das Verwaltungsgericht [23]
Vielleicht auch: Das Bundesverfassungsgericht [24]
Äußerstenfalls: Der Europäische Gerichtshof [25].

Natürlich sprechen nicht alle diese Stellen immer bei jeder Kündigung mit. Aber bei größeren Redundanzen kann doch jede von ihnen ins Spiel kommen.

Zweitens wird der Arbeitnehmer durch juristische Dogmatik geschützt: Die Gesetzwidrigkeit einer Kündigung, selbst der Verstoß gegen Formvorschriften, löst nach deutschem Rechtsverständnis nicht etwa nur einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers aus. Sie führt vielmehr zum vollgültigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, als wäre nie gekündigt worden. Das nennt der deutsche Arbeitsrechtler Bestandsschutz [26]. Im Klartext kann das bedeuten: Wenn Sie heute kündigen und in acht Jahren vom Bundesverfassungsgericht erfahren, daß Ihre Kündigung rechtswidrig war, dann hat das Arbeitsverhältnis während der gesamten Zeit fortbestanden. Rechnen Sie als Arbeitgeber damit, den Lohn für die volle Zeit nachzahlen zu müssen [27], ohne daß der Arbeitnehmer zu irgendwelchen Nachleistungen verpflichtet wäre [28]. Ebenfalls aus der Dimension der juristischen Dogmatik ergibt sich eine weitere, recht wirkungsvolle Stärkung des Kündigungsschutzes: Nach gängiger Ansicht deutscher Gerichte ist alles das, was Recht ist, als objektive Ordnung immer vorhanden. Das Recht wird vom Richter erkannt, also gewissermaßen vom Baum der Erkenntnis gepflückt [29]. Das Recht hat auf jede Frage immer nur One Right Answer [30]. Für die Frage, ob ein Kündigungsgrund vorliegt, kommt es deshalb in der Regel auf die – als vom Richter erkennbar vorausgesetzte – objektive Rechtslage an, nicht aber darauf, ob der Arbeitgeber sie kannte oder auch nur kennen konnte. [31] Nebenbei: Dieser Grundgedanke hat im Betriebsrentenrecht zu der unbefangenen Schlußfolgerung geführt, der Arbeitgeber müsse wirtschaftlich auf die objektive Rechtslage schon zu einem Zeitpunkt eingerichtet sein, in dem diese – unerkannt sogar von den obersten Gerichten – noch gewissermaßen im Ideenhimmel der Gerechtigkeit schlummert und die Rechtswissenschaft noch nicht einmal den Begriff erfunden hat, mit dem die Rechtslage dann später benannt wird [32].

Drittens wird der Arbeitnehmer geschützt, in dem das Kündigungsschutzgesetz und die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nur bestimmte Kündigungsgründe anerkennen. Dieser sogenannte individuelle materielle Kündigungsschutz besteht nicht für alle Arbeitsverhältnisse, vielmehr sind zwei Gruppen von Arbeitnehmern ausgeschlossen, nämlich solche, die noch keine sechs Monate beschäftigt sind [33] und solche, die in Betrieben mit weniger als sechs Arbeitnehmern [34] arbeiten. Für alle übrigen Arbeitnehmer sagt § 1 KSchG: Die Kündigung ist unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Ob sie sozial gerechtfertigt ist, wird auf Antrag des Arbeitnehmers von den Arbeitsgerichten festgestellt. Das Gesetz kennt nur drei Kündigungsgründe: Nämlich den verhaltensbedingten (z.B. Schlechtleistung, Verspätungen, Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten), den personenbedingten (z.B. übermäßige Krankheitszeiten) und den betriebsbedingten Kündigungsgrund. Als betriebsbedingt gelten alle Kündigungsgründe, die ihre Ursache im wirtschaftlich-betrieblichen Bereich haben. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte fordert vom Arbeitgeber im Kern immer das selbe: Er muß dem Gericht plausibel machen, daß er einen Überhang an Arbeitskräften hat [35]. Am leichtesten ist das natürlich bei der Betriebsschließung. In allen anderen Fällen ist es etwas schwieriger, die Gerichte zu überzeugen. Was für einen – unter dem Druck der Hausbank oder der shareholder stehenden – Personalleiter plausibel ist, muß es für einen Arbeitsrichter noch lange nicht sein. Wer das Arbeitsgericht von den betrieblichen Gründen überzeugt hat, hat den Prozeß aber noch nicht gewonnen. Das schwierigere Stück kommt noch, nämlich die Sozialauswahl: Man kann sich nicht die besten, jüngsten und billigsten aussuchen und den übrigen kündigen, sondern umgekehrt die älteren, lange beschäftigten Arbeitnehmer mit vielen Unterhaltspflichten wird man behalten müssen [36], was bei einem Betrieb von 200 Mitarbeitern ein ziemliches Puzzle-Spiel sein kann [37]. Wie ich schon sagte: Die rechtliche Folge einer unwirksamen Kündigung ist nicht etwa ein Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers, sondern der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Zwar sieht das Gesetz auch die Möglichkeit vor, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht gegen Zahlung einer Abfindung zu beantragen. Es gelingt dem Arbeitgeber aber selten, die von den Arbeitsgerichten ziemlich hoch angesetzten Anforderungen an die Begründung eines solchen Auflösungsantrags zu erfüllen [38].

Viertens besteht für eine Reihe von Personen Sonderkündigungsschutz. Als Beispiel nenne ich den Schutz schwerbehinderter Personen: Als Arbeitgeber müssen Sie vor der Kündigung die Zustimmung der zuständigen Behörde, nämlich des »Integrationsamtes« einholen [39]. Wird in dem etwas vertrackten Verwaltungsverfahren die Zustimmung verweigert, können Sie nicht wirksam kündigen. Zwar haben Sie die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht auf Zustimmung zu klagen. Jedoch dauern Prozesse vor dem Verwaltungsgericht bis zur letzten Instanz im Schnitt etwa fünf Jahre [40], was insofern tröstlich ist, als es in etwa der Verfahrensdauer vor dem im Jahre 1495 eingerichteten und 1806 geschlossenen Reichskammergericht entspricht [41]. Erteilt nun das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz die Zustimmung, dann können Sie zwar verwaltungsrechtlich gesehen kündigen, müssen allerdings nach wie vor damit rechnen, daß Ihnen das Bundesarbeitsgericht nach weiteren zwei Jahren sagt, verwaltungsrechtlich sei die Kündigung zwar in Ordnung, aber eben arbeitsrechtlich nicht. Sehr ähnlich ist der Schutz schwangerer Frauen und junger Mütter organisiert: Eine Kündigung ist nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde möglich [42]. Sonderschutz besteht ferner für Betriebsräte, denen grundsätzlich nur bei völliger Stillegung des Betriebes gekündigt werden kann [43]. Sie sind die letzten, die das sinkende Schiff verlassen.

Fünftens gibt es diverse Erscheinungsformen des sogenannten kollektivrechtlichen Kündigungsschutzes. Er besteht zum einen darin, daß in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gewählt ist, der Betriebsrat vor jeder Kündigung in bestimmten Formen angehört werden muß. Zwar kann der Arbeitgeber auch dann kündigen, wenn der Betriebsrat widerspricht. Aber das Anhörungsverfahren ist im Laufe der Jahre doch recht kompliziert ausgeformt worden, so daß nicht selten Kündigungen wegen fehlender oder falscher Anhörung unwirksam sind [44]. Daneben enthalten auch die von den Arbeitgeberverbänden mit den Gewerkschaften ausgehandelten Tarifverträge häufig besondere Kündigungsschutzvorschriften, meist zugunsten älterer Arbeitnehmer. So ist zum Beispiel im gesamten öffentlichen Dienst die betriebsbedingte Kündigung gegenüber Arbeitnehmern, die 40 Jahre alt und seit 15 Jahren beschäftigt sind, praktisch ausgeschlossen [45]. Schließlich muß der Arbeitgeber nicht nur vor jeder einzelnen Kündigung den Betriebsrat konsultieren, sondern auch die beabsichtigte Umstrukturierung als ganze vorab mit dem Betriebsrat erörtern und eine einvernehmliche Regelung versuchen [46]. Er muß einen Sozialplan vereinbaren. Darin ist meist vorgesehen ist, daß an die gekündigten Arbeitnehmer Abfindungen zu zahlen sind [47].

Sechstens: Europäisches Recht. Jedem arbeitsrechtlich tätigen Anwalt muß dringend die regelmäßige Lektüre der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs empfohlen werden. Beispiel Betriebsübergang. Das Gesetz [48] ist eigentlich klar: Eine Kündigung wegen Betriebsübergangs ist unwirksam. Im Internet finden Sie unter http://europa.eu.int zu diesem Thema zum Beispiel diesen Leitsatz des Europäischen Gerichtshofs: »Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/187 des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, daß diese anwendbar ist, wenn eine Gemeinde, eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der spezifischen Normen des Verwaltungsrechts handelt, Werbe- und Informationstätigkeiten in Bezug auf von ihr der Öffentlichkeit angebotene Leistungen, die bisher im Interesse dieser Gemeinde von einem Verein ohne Erwerbszweck, einer juristischen Person des Privatrechts, ausgeübt wurden, selbst übernimmt, sofern die übertragene Einheit ihre Identität bewahrt« [49]. Ich finde, man muß das noch nicht einmal, wie von der Homepage der EU selbstverständlich angeboten, auf Finnisch [50] lesen, um es nicht zu verstehen.

Siebtens hat auch das geltende Prozeßrecht – teils bewußt, teils unbeabsichtigt – eine gewissermaßen prohibitive Wirkung auf Kündigungsabsichten. Jede einzelne Kündigung kann von jedem einzelnen Arbeitnehmer, gegenüber dem sie ausgesprochen wird, mit der Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Das gilt auch bei Massenentlassungen. Die Beweislast für die Wirksamkeit einer Kündigung liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber [51]. Da außerdem jede Prozeßpartei in erster Instanz die eigenen Anwaltskosten auch dann tragen muß, wenn sie den Prozeß gewinnt [52], kann man sich das Kostenrisiko des Arbeitgebers leicht ausrechnen. Wenn alle 100 Gekündigten die Kündigung angreifen und der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts rund 1000 Euro je Prozeß für die erste Instanz beträgt, dann muß der Unternehmer redlicherweise einen Betrag von 100.000 Euro als Belastung kalkulieren, und zwar auch dann, wenn er alle Prozesse gewinnt.

Achtens – und damit will ich es sein Bewenden haben lassen – bestehen formelle Kündigungsbeschränkungen: Jede Kündigung bedarf der Schriftform [53], manchmal müssen auch die Kündigungsgründe schriftlich niedergelegt werden [54] und es sind Fristen [55] einzuhalten.

Meine Damen und Herren, über die Zweckmäßigkeit des deutschen Kündigungsrechts wird gegenwärtig eine rechtspolitische Debatte geführt. Die einen sagen:

Es ist richtig und notwendig, Behinderte, Mütter, Betriebsräte und Arbeitnehmer überhaupt zu schützen, so gut es geht. Vom Arbeitsplatz hängt die Existenz der Arbeitnehmer und ihrer Familien ab. Der Kündigungsschutz ist ein Beitrag zur sozialen Stabilität. Und so ganz verzweifelt stehe es ja auch heute noch nicht um den deutschen Unternehmer: Jedenfalls ist die Zahl der Stahlarbeiter, Dienstmädchen und Arbeitslosen unter den Millionären noch nicht beunruhigend angewachsen.

Die anderen meinen, es dränge sich doch folgende Frage auf: Wenn es in Deutschland so schwer ist, Kündigungen auszusprechen, woher kommen dann die vielen Arbeitslosen? Könne es nicht sein, daß der Kündigungsschutz, vor allem das Bestandsschutzprinzip und der unübersehbare Bürokratismus, mit zu den Ursachen unserer hohen Arbeitslosigkeit gehört?

Meine Damen und Herren, als Richter bin ich ein Knecht des demokratisch geschriebenen Gesetzes, das ich nicht zu kritisieren oder zu ändern, sondern anzuwenden habe. Gestatten Sie mir trotzdem eine Bemerkung zu der skizzierten Debatte: Die Behauptung, Kündigungsschutz sei ein Beschäftigungshemmnis, ist bisher nicht bewiesen. Aber vielleicht verhält es sich doch so ähnlich wie bei der nach ihrem amerikanischen Erfinder Arthur Laffer benannten Laffer-Kurve [56]. Sie besagt z.B., daß ein steigender Steuersatz nur bis zu einer gewissen kritischen Größe die Steuereinnahmen vermehrt und danach kontraproduktiv, nämlich für den Staat einnahmemindernd wirkt. Bei einem Steuersatz von 0 % ist ersichtlich der Steuersatz zu niedrig, um Einkünfte zu generieren. Bei einem Steuersatz von 100 % wird sich tendenziell die Steuergrundlage verflüchtigen: Entweder werden die steuerpflichtigen Aktivitäten unterbleiben, oder sie werden versteckt oder sie werden ins Steuerausland verlagert. Vielleicht gibt es eine kritische Größe auch bei der Schutzdichte staatlicher Kündigungsreglementierungen, bei deren Überschreiten der Zweck der Gesetze [57], nämlich Arbeitnehmerschutz, deshalb gefährdet oder vereitelt wird, weil er so teuer ist, daß immer weniger Arbeitnehmer in seinen Genuß kommen können. Ob diese kritische Größe in Deutschland überschritten ist, darüber nachzudenken und zu entscheiden ist Sache des Gesetzgebers. Man möchte allerdings allen Beteiligten mit dem Komponisten John Cage zurufen: Egal in welchem Käfig du steckst: Verlaß ihn!

Nun zum Insolvenzrecht.

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland hat im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2001 um über 40 vH zugenommen. Nach Schätzungen des Wirtschaftsinformationsdienstes Creditreform [58] werden im laufenden Jahr etwa 600.000 Arbeitsplätze durch Insolvenzen verloren gehen. Nimmt man an, daß diese 600.000 Arbeitnehmer im Schnitt ein halbes Jahr lang arbeitslos bleiben und jeder Arbeitslose ein Arbeitslosengeld von 800 Euro monatlich erhält, was mit Sicherheit eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist, so kommt man auf einen Betrag von knapp 3 Milliarden Euro, den allein die Arbeitslosenversicherung an Arbeitslosengeld aufzubringen hat, um diese Insolvenzen zu finanzieren. Außerdem haben die Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anspruch auf Insolvenzgeld. [59] Alles in allem – einschließlich des durch die Insolvenz »verbrannten Geldes«, wozu die den Arbeitnehmern verloren gehenden Lohnansprüche für geleistete Arbeit gehören – schätzt Creditreform den im Jahre 2001 durch Insolvenzen in Deutschland verursachten Gesamtschaden auf 22,5 Milliarden Euro, was in etwa der Hälfte des Bruttoinlandsprodukts von Nigeria [60] entspricht. Ein großer Teil davon wird durch letztlich von der Allgemeinheit aufzubringende Ausgleichszahlungen abgedeckt. Dieses Geld ist nicht dazu bestimmt, um etwas zu produzieren. Finanziert wird vielmehr Produktionsstillstand. Dies, obwohl die Arbeitnehmer jedenfalls ganz überwiegend arbeitswillig und arbeitsfähig sind. Ich bin kein Volkswirt und kann deshalb nicht beurteilen, ob sich die Sache letztlich doch irgendwie rechnet. Aber ich meine, der common sense sage, daß es sich um eine gewaltige Verschwendung von Ressourcen handelt und global gesehen um eine schreiende Ungerechtigkeit – jedenfalls so lange, als noch genug zu tun ist, um unseren Planeten wenigstens so einzurichten, daß jedes Kind etwas zu essen hat. Aber zurück zum Recht.

Das deutsche Insolvenzrecht ist nahezu vollständig kodifiziert. Diese Kodifikation ist ein wahres Prunkstück. Sie umfaßt einschließlich der Nebengesetze mehrere hundert Seiten, über ein halbes tausend Artikel und Paragraphen. Sie enthält auch, wie ein zur Polemik neigender Freund gelegentlich sagt, den Beweis dafür, daß sich die gesetzgebenden Körperschaften unter dem Vorwand der Herstellung von Gerechtigkeit in Wahrheit ihrer rasenden Leidenschaft zur juristischen Kleingärtnerei hingeben, und zwar in Gestalt der Formularpflege: Das Regelwerk mit dem hübschen Namen »Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung« vom 17. Februar 2002 [61] –.abgekürzt klingt es wie ein Stück konkreter Poesie von Ernst Jandl: VbrInsVV – mit ihren Rubriken und Kästchen, Anlagen und Unteranlagen, Ergänzungsblättern und amtlichen Hinweisen zum Ausfüllen der Anlagen ist in der Tat eine Trouvaille für jeden Liebhaber bürokratischer Skurrilitäten. Ernstes und würdiges Kernstück des deutschen Insolvenzrechts ist jedoch die Insolvenzordnung [62]. Sie ist im wesentlichen am 1. Januar 1999 in Kraft getreten. Sie enthält das, was man stark verkürzt eine Art Notstands-Privatrecht nennen könnte, geschaffen für die drei Fälle der Insolvenz, die das deutsche Recht kennt: Zahlungsunfähigkeit [63], drohende Zahlungsunfähigkeit [64] und Überschuldung [65].

In Deutschland gibt es keine staatliche Stelle, die über die Zahlungsfähigkeit von Privatpersonen und Unternehmen wacht. Eine Ausnahme bilden Versicherungen und Kreditinstitute [66]. Das Insolvenzverfahren wird deshalb nicht – wie etwa ein Strafverfahren – ex officio eingeleitet. Das Amtsgericht, das die Aufsicht über das Insolvenzverfahren führt, wird nur auf Antrag [67] tätig. Zur Antragstellung berechtigt sind die Gläubiger [68] und der Schuldner [69] und – bei Kreditinstituten und Versicherungen – das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen bzw. Kreditwesen [70]. Der Schuldner ist in vielen Fällen sogar dazu verpflichtet: Unterläßt es zum Beispiel der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstandsvorsitzende einer Aktiengesellschaft, den nach Lage der Dinge gebotenen Antrag auf Insolvenzeröffnung [71] zu stellen, so haftet er den geschädigten Gläubigern persönlich [72]. Überhaupt ist es eines der Ziele des seit 1999 geltenden neuen Insolvenzrechts, daß Insolvenzanträge möglichst früh gestellt werden. Der Gesetzgeber glaubt – wohl zu Recht -, daß die Chance einer Gesundung um so größer ist, je früher die Notoperation beginnt [73]. Ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, so kann das Insolvenzgericht eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen treffen bis hin zur Verhaftung des Schuldners [74]; vor allem wird es einen sogenannten Vorläufigen Insolvenzverwalter [75] bestellen, dessen Kompetenzen gesetzlich nicht besonders klar geregelt sind [76]. Ansonsten prüft das Insolvenzgericht, ob der Schuldner wenigstens noch so viel Vermögen hat, daß die Verfahrenskosten – im wesentlichen das Honorar des Insolvenzverwalters – gedeckt sind [77]. Ist das nicht der Fall, dann wird erst gar kein Verfahren eröffnet. Gläubiger und Schuldner bleiben ihrem traurigen Schicksal überlassen, gewissermaßen ungetröstet von den Sakramenten, mit denen die bürgerliche Rechtsordnung den wirtschaftlichen Hinschied von Schuldnern zu begleiten pflegt. Reicht das Geld – um im Bilde zu bleiben – zumindest für ein würdiges Begräbnis aus, dann wird durch Beschluß des Gerichts das Insolvenzverfahren eröffnet [78].

Den Hauptzweck des nun eröffneten Insolvenzverfahrens nennt das Gesetz in § 1 S. 1 InsO:

«Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen …«

Die Gläubiger stehen also im Vordergrund des gesetzgeberischen Interesses. Mit der Insolvenz treten sie in eine Art zufällig zustande gekommene Notgemeinschaft, so ähnlich wie die Passagiere auf einem untergehenden Schiff. Früher nannte man das: communio incidens [79]. Und in einer solchen communio incidens gilt das in der neueren Rechts- und Moralphilosophie zur Begründung moralischer Ansprüche der Gesellschaft an den Einzelnen herangezogene Prinzip des rationalen Egoismus [80] oder, wie es andere nennen, des eigennützigen Altruismus: Damit alle eine Chance haben, muß jeder zurückstecken, manche sogar ganz besonders, wie wir sehen werden.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernimmt ein mit beinahe monarchischen Vollmachten ausgestatteter Insolvenzverwalter [81] die Leitung des Unternehmens. Oft wird das – verantwortungsvolle, begehrte und grosso modo wohl auch lukrative – Amt erfahrenen Rechtsanwälten übertragen. Der Verwalter wird zwar vom Insolvenzgericht und auch von der Gläubigerversammlung [82] und dem Gläubigerausschuß [83] überwacht, aber letztlich laufen doch alle Fäden bei ihm zusammen. Der Schuldner wird für die Dauer des Verfahrens enteignet, nicht de iure, aber de facto. Er darf nicht einmal mehr Post entgegennehmen [84].

Mit Insolvenzeröffnung werden alle anhängigen Gerichtsverfahren unterbrochen [85]. Die Einzelzwangsvollstreckung ist unzulässig [86]. Etwaige Manipulationen, mit denen der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens versucht hat, Vermögen beiseite zu schaffen, kann der Insolvenzverwalter rückgängig machen [87]. Die Insolvenzordnung sieht für alle gegen den Schuldner gerichteten Forderungen eine strenge Rang- und Reihenfolge vor. Als erste werden die Herausgabeansprüche aus Eigentumsrechten erfüllt [88]. Danach sind Pfandgläubiger und pfandrechtsähnlich gesicherte Gläubiger [89] an der Reihe. Wer nur normale Geldforderungen gegen den Schuldner hat, also klassischer Weise freie Dienstleister, Werkunternehmer und Arbeitnehmer, ist sogenannter einfacher Insolvenzgläubiger [90]: Er muß erstens warten, bis das Verfahren abgeschlossen ist, was manchmal Jahre dauert und zweitens muß er sich mit allen anderen normalen Insolvenzgläubigern gleich behandeln lassen: Alle bekommen die gleiche Quote, und deren Vomhundertsatz strebt gern gegen Null.

Die Eigentümer und Pfandgläubiger werden im deutschen Insolvenzrecht also bevorzugt. Das ist eine klare Botschaft für Investoren, obwohl man es nicht unbedingt gerecht finden muß: Es führt in der Praxis dazu, daß die zur Verteilung übrigbleibende Masse um wohl etwa 2/3 zu Gunsten dieser gesicherten Gläubigergruppe vermindert wird [91]. Wenn die gesicherten Gläubiger auch die kapitalkräftigsten sind, bedeutet die derzeitige gesetzliche Regelung, daß diejenigen, die einen Forderungsausfall am leichtesten verkraften können, aus der Insolvenz ihres Schuldners praktisch unberührt hervorgehen. Da ferner die Arbeitnehmer, wie ich schon erwähnte, zwar ebenfalls einfache Insolvenzgläubiger sind, aber für die meist kritischen letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Arbeitsamt Insolvenzgeld [92] etwa in Höhe des Lohnausfalles bekommen und danach Arbeitslosengeld beziehen können, sind es oft weder die ganz großen noch die ganz kleinen Gläubiger, sondern Mittelständler, Handwerksbetriebe und freie Dienstleister, die die Hauptlast der Insolvenz tragen.

Die wichtigste und sehr rasch zu treffende Entscheidung des Insolvenzverwalters ist bei Unternehmensinsolvenzen diejenige zwischen Zerschlagung und restrukturierender Sanierung. Die Insolvenzordnung versucht, die Sanierung zu erleichtern [93]. Nach wie vor ist sie aber ein dornenreicher Weg. Sanierung heißt für den bereich, der uns hier interessiert, in aller Regel, daß die Arbeit mit weniger Arbeitnehmern fortgesetzt wird. Und das bedeutet: Einige verlieren ihren Arbeitsplatz, andere behalten ihn. Das kann Neid wecken und böses Blut machen, weshalb sich Betriebsräte und Gewerkschaften mit Sanierungen manchmal schwer tun. Aber die Sanierung wird nicht nur durch diese prekäre Situation auf Arbeitnehmerseite erschwert. Auch die dinglich gesicherten Gläubiger lehnen sich bei einer Zerschlagung gelegentlich in aller Ruhe zurück, weil sie aufgrund ihrer Sicherheiten nur ein begrenztes Interesse an Forderungsverzichten haben, die ihnen bei einer Sanierung abverlangt würden. Manche sprechen von einer alliance discordiale zwischen gesicherten Gläubigern und Gewerkschaften, die sich unter wechselseitigen Schuldzuweisungen zusammentäten, um Sanierungen zu verhindern.

Wie sieht es nun mit dem Kündigungsschutzrecht in der Insolvenz aus?

Ich habe zu Beginn erwähnt, daß die Gesetze über den Kündigungsschutz für Arbeitnehmer die allgemeine vertragsrechtliche Lage gewissermaßen auf den Kopf stellen. Dies geschieht, wie ich sagte, mit Gründen: Der Kündigungsschutz soll als rechtliches Gegengewicht die vermutete wirtschaftliche Überlegenheit des Arbeitgebers ausgleichen. Man könnte nun auf den Gedanken kommen, durch die Insolvenz sei die Vermutung der wirtschaftlichen Überlegenheit des Arbeitgebers widerlegt, der Prozeß heiße nicht mehr: David gegen Goliath, sondern Armut gegen Elend, folglich sei das Gleichgewicht, wenn auch auf niedrigem Niveau, wieder hergestellt und es könne wieder allgemeines Vertragsrecht in Kraft treten. Ich glaube, wenn die deutschen Insolvenzverwalter den Auftrag erhielten, das Arbeitsrecht der Insolvenz nach ihren Träumen zu schreiben, würden sie das gesamte Arbeitnehmerschutzrecht, zumindest aber das Kündigungsschutzrecht für die Zeit des Insolvenzverfahren außer Kraft setzen und gewissermaßen die römischen Verhältnisse wiederherstellen.

Aber nichts könnte den Träumen der Insolvenzverwalter strikter entgegenstehen als das geltende Insolvenzarbeitsrecht. Der Grundsatz des geltenden Rechts lautet nämlich: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert an den arbeitsrechtlichen Vorschriften nichts, Ausnahmen bestätigen die Regel: Zwar werden alle Kündigungsfristen, wenn sie nicht ohnehin kürzer sind, einheitlich auf drei Monate zum Monatsende abgekürzt und arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Kündigungsverbote werden aufgehoben [94]. Dagegen wird der allgemeine Kündigungsschutz – von Marginalien abgesehen – nicht angetastet. Das heißt: Jede Kündigung des Insolvenzverwalters kann in einem eigenen Kündigungsschutzprozeß vom gekündigten Arbeitnehmer angegriffen werden. Es gilt dieselbe Kostenregelung wie auch sonst. Die eigenen erstinstanzlichen Kosten – sprich Anwaltskosten – muß jede Partei auch dann tragen, wenn sie den Prozeß gewinnt. Daß die Insolvenzverwalter die dadurch entstehenden Kosten beklagen und teilweise auf dem Umweg über die ursprünglich wohl eher für andere Bevölkerungsschichten geschaffene staatliche Prozeßkostenhilfe auf den Steuerzahler abzuwälzen versuchen [95] , brauche ich nicht zu erwähnen. Die Weitergeltung des Kündigungsschutzrechts bedeutet auch, daß jede vor dem Arbeitsgericht angegriffene Kündigung eines Kündigungsgrundes bedarf. Die Insolvenz selbst gilt nicht als Kündigungsgrund. Wenn sich der Insolvenzverwalter zur kompletten Stillegung des Betriebes entschließt, bekommt er kein Problem. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Stillegungsbeschluß ein anerkannter Grund zur Kündigung [96]. Problematisch wird es aber gerade in dem uns besonders interessierenden Fall, daß der Insolvenzverwalter versucht, den Betrieb zu sanieren oder zu übertragen. In diesen Fällen kündigt er nicht allen, sondern nur einem Teil der Arbeitnehmer. Die Folge: Der Insolvenzverwalter muß in den Kündigungsschutzprozessen mit den gekündigten Arbeitnehmern ein einigermaßen plausibles Konzept vorlegen, aus dem der Arbeitsrichter erkennen kann, daß der Beschäftigungsbedarf gerade für den Gekündigten entfallen ist. Vor allem muß der Insolvenzverwalter die zu Kündigenden nach sozialen Grundsätzen auswählen. Er muß im Prinzip die älteren, länger beschäftigten und kinderreichen Arbeitnehmer bevorzugen. Die Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz bestimmter Arbeitnehmer gelten uneingeschränkt weiter. Die Kündigung gegenüber Betriebsräten ist auch im Insolvenzverfahren eine Wissenschaft für sich, Schwerbehinderte und Schwangere können nur mit staatlicher Zustimmung gekündigt werden. Die Zustimmung wird zwar meist erteilt, aber das geschieht in einem rechtsförmigen Verfahren, es gilt Formalien zu beachten, der Arbeitnehmer kann Rechtsbehelfe einlegen – in summa: Es kostet Zeit und Geld. Auch im Insolvenzverfahren sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu beachten: Vor jeder Kündigung ist der Betriebsrat zu hören. Geschieht dies nicht oder nicht ausreichend, ist die Kündigung unwirksam. Außerdem kann der Betriebsrat auch im Insolvenzverfahren den Abschluß eines Sozialplans verlangen. Die Insolvenzordnung enthält hier einige Vorschriften, die dem Insolvenzverwalter die Mühen der Sanierung erleichtern und gewissermaßen versüßen sollen: Zum einen kann der Betriebsrat Abfindungen nur in begrenzter Höhe durchsetzen [97]. Zum andern wird der Insolvenzverwalter, wenn er sich mit dem Betriebsrat auf die zu Kündigenden einigt, gewissermaßen belohnt. Dann nämlich wird das Vorliegen eines Kündigungsgrundes vermutet und die Auswahl nach sozialen Grundsätzen nur noch auf grobe Fehler überprüft [98]. Ein regelrechter Dorn im Auge ist den Insolvenzverwaltern die bereits erwähnte Regelung des § 613 a BGB, nach der bei dem Übergang eines Betriebes oder Betriebsteiles die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer auf den Erwerber übergehen, und zwar mit allen vertraglichen und kollektivrechtlichen Rechten und Pflichten. Dieser Paragraph hat auf die juristische Kreativität und Umgehungsintelligenz eine beinahe erotisch zu nennende Wirkung entfaltet: Es wurde und wird mit allerlei Modellen gespielt [99], um der als Sanierungshemmnis und Albtraum angesehenen Vorschrift eine gewisse Geschmeidigkeit zu geben.

Wer bei Betrachtung des deutschen Insolvenzarbeitsrechts zu dem Eindruck kommt, als hielte sich dessen Sanierungsfreundlichkeit in Grenzen, geht sicher nicht fehl. Aber auch das hat natürlich Gründe: Bei weitem nicht jede Insolvenz bricht über das Unternehmen wie ein Gewitter aus heiterem Himmel herein. Es gibt Fälle, in denen die Insolvenz gezielt angesteuert wird, um ein Unternehmen auf Kosten des Sozialstaates und der ungesicherten Gläubiger scheinbar elegant zu entschulden, frei nach dem Motto: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Nicht jeder, der Macht am Markt ausübt, spielt fair: Unter die Räder des Casino-Kapitalismus und der großen Politik zu kommen: Das ist der Albtraum vieler Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften.

Sorgen über Sorgen!

Aber, wie Wilhelm Busch sagt: «Wer Sorgen hat, hat auch Likör.«

Und der Likör des allgemeinen und auch des Insolvenzarbeitsrechts heißt: Vergleich. Der Gesetzgeber drückt es vornehmer aus: «Die gütliche Erledigung des Rechtsstreits soll während des ganzen Verfahrens angestrebt werden.« [100] Ich glaube, es gibt keinen Paragraphen in Deutschland, der leidenschaftlicher befolgt wird als dieser. Als Richter erster Instanz hatte ich monatlich zwischen 60 und 70 Prozesse zu bearbeiten, also im Jahr etwa 800. Das ist eine ganze Menge, aber Urteile schreiben mußte ich höchstens 50 oder 60 pro Jahr. Um die 90 % aller Arbeitsgerichtsprozesse enden schon in erster Instanz ohne Urteil. Alles in allem dürfte der Prozentsatz der Fälle, in denen für den Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter die strengen Drohungen des Gesetzes Wirklichkeit werden, eher unter als über einem Prozent liegen. Der Inhalt der in Kündigungsschutzprozessen geschlossenen Vergleiche ist fast immer der gleiche: Das Arbeitsverhältnis wird beendet und der Arbeitgeber zahlt eine Abfindung, die sich oft in der Nähe eines halben Monatsgehaltes je Beschäftigungsjahr bewegt. Im Insolvenzverfahren ist es zum Glück nicht unüblich, daß sich Betriebsrat, Insolvenzverwalter, Gewerkschaft, Arbeitsamt, Banken, manchmal auch Politiker und die an einer Übernahme interessierten Unternehmen mehr oder weniger informell zusammensetzen und nach Lösungen suchen. Das Gesetz hat dabei eher die Funktion einer – je nach Standpunkt düsteren oder heiteren, in jedem Falle aber romantischen – Kulisse, vor der mit großem Erfolg ein sehr realistisches Stück gespielt wird. Die Praxis des Kündigungsschutzrechtes läuft dem oben geschilderten Prinzip des Bestandsschutzes diametral entgegen. Viele kritisieren diese Praxis als unwürdiges Theater und fordern, das Gesetz der Wirklichkeit oder die Wirklichkeit dem Gesetz anzupassen [101]. Aber man kann es auch als einen Vorteil ansehen, wenn die Gesetze uns immer wieder deutlich sagen, wie schön die Welt aussähe, wenn alle das Rechte täten. Eben dadurch sind wir zu Kompromissen gezwungen. Ungefähr diese Methode, in der das Sein als eine ironisch verzerrte Spiegelung des Sollens erscheint, wendet ja auch die katholische Kirche an: Die heiligen moralischen Prinzipien werden so hoch gehalten, daß man darunter lustig leben kann, ohne dauernd mit dem Kopf dagegen zu stoßen. Den besten Wein haben immer die Äbte. Allerdings: Als Denkmodell hat das deutsche Kündigungsrecht natürlich Wirkungen. Es bestimmt den Argumentationshaushalt in Vergleichsverhandlungen und damit den vom Arbeitgeber zu zahlenden Preis.

Lassen Sie mich noch ein Beispiel dafür nennen, wie erfinderisch und nützlich die praktische Vernunft mit einem Gesetz umgehen kann, das zu ganz anderen Zwecken erfunden wurde: Ich erwähnte schon, daß Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anspruch auf sogenanntes Insolvenzgeld in Höhe des Nettolohnes haben, den der Arbeitgeber nicht mehr zahlen kann. Der Anspruch besteht gegen den Staat. Die Einführung des Insolvenzgeldes war natürlich als sozialpolitische Errungenschaft gedacht, was sie ja auch ist. Sie bedeutet aus unternehmerischer Sicht aber zugleich: Die betriebliche Nettolohnsumme für die letzten drei Monate ist gesichert. Bei einem größeren Betrieb kann das leicht ein mehrstelliger Millionenbetrag sein. Die bevorstehende Insolvenz wird also paradoxer Weise zur Geldquelle [102]. Mit früher stillschweigender, neuerdings ausdrücklicher Duldung des Gesetzgebers [103] wird dieser sichere Anspruch auf ziemlich verschlungenen Wegen, aber ohne Schädigung der Arbeitnehmer, gewissermaßen – ich zögere zu sagen: zweckentfremdet, denn eigentlich handelt es sich um eine, wenn alles gut geht, löbliche Veredelung. Er dient nämlich als Sicherheit für einen Kredit, den die oft, aber nicht immer zu Recht kritisierten Banken [104] im Vorfeld der Insolvenz geben und mit dem dann letztlich die von vornherein ins Auge gefaßte Sanierung erleichtert wird. Diese wunderbare Brotvermehrung funktioniert allerdings nur dann, wenn alle Beteiligten, Betriebsrat, Banken, Insolvenzverwalter und Arbeitsamt mitspielen.

Meine Damen und Herren, ich habe eine Reihe von Fragen, die eigentlich zu unserem Thema gehören, nur gestreift, andere nicht einmal gestellt. Zum Beispiel die nach den Gründen für Insolvenzen. Ein in diesen Dingen sehr zuverlässiger Zeuge, nämlich der englische Philosoph und Fußballspieler George Best, hat auf die Frage, wo sein Geld geblieben sei, geantwortet: «Das meiste habe ich in schnelle Autos, rasante Weiber und in Bier investiert, den Rest habe ich ganz einfach sinnlos verpraßt.« Wenn man diese Aussage auf ein etwas abstrakteres Niveau anhebt, würde sie wohl lauten: Insolvenzen sind die Früchte von Irrtümern, Übertreibungen, Gier, Luxus, kurz: Früchte der Sünde, fleurs du mal sozusagen, womit wir wieder im Garten und vielleicht bei Adam und Eva sind. Aber keine Angst, ich werde jetzt nicht religiös. Lassen Sie uns den Sachverhalt säkular formulieren: Der Mensch ist ganz einfach nicht seriös. Es ist die chronische moralische Insolvenz, die die wirtschaftliche nach sich zieht. Aber vergessen wir nicht, daß es dieselben Fehler sind, die uns auch zu Höchstleistungen anspornen: Wenn nicht immer wieder einzelne ihren völlig übertriebenen Träumen mit völlig übertriebener Energie nachjagen würden [105] – es gäbe keine Romane und keine Internetseiten über Konkursrecht, es gäbe weder die Europäische Rechtsakademie noch die Thermen in Trier oder den pump room in Bath. «Vom Nutzen des privaten Lasters für den öffentlichen Fortschritt« so heißt ein berühmtes Buch [106] des Philosophen Bernard de Mandeville [107]. Darin schreibt er über das lasterhafte Leben eines Bienenschwarms:

»Bei all dem sündlichen Gewimmel
Wars doch im ganzen wie im Himmel.« [108]

Als man anfängt, eine Moralpolizei einzurichten, geht es mit der Freiheit genauso bergab wie mit dem Wohlstand.

»Bare Virtue can’t make nations live
In Splendor; they that would revive
A Golden Age, must be as free,
For Acorns, as for Honesty.« [109]

Ein anderer Schriftsteller englischer Zunge, nämlich der 1995 gestorbene Dichter Sir Stephen Spender, saß irgendwann kurz vor seinem Tode, aber noch kerngesund, in New York mit Freunden beim Essen, als er ein Telegramm vom Beaumont College in Texas bekam, wo er ein paar Tage später Gedichte vortragen sollte. Das Telegramm hatte folgenden Wortlaut: «Dear Mr. Spender. May we remind you that the attention span of our students is about fifteen minutes.« [110] Ich habe jetzt fast dreimal so lange gesprochen und es waren keineswegs so schöne Worte, wie Stephen Spender sie zu dichten wußte. Daß Sie mir trotzdem kein Telegramm geschickt, sondern freundlich zugehört haben, dafür danke ich Ihnen.

Fußnoten:

[1]    Herbert Rosendorfer, Ballmanns Leiden oder Lehrbuch für Konkursrecht, Sonderausgabe, München 2000

[2]    Linklaters/Deutsche Bank/PWC: The European Restructuring Guide 2002/2002, http://www.europeanrestructuring.com/

[3]    http://www.romanbaths.co.uk/

[4]    http://www.saarnet.de/untitled/Trier.htm

[5]    Ein Kollege, dem ich hiermit herzlich danke, wies mich darauf hin, daß sich auch aus Anlaß der Erörterung erbrechtlicher Zusammenhänge gelegentlich das Herz der Finsternis öffnet und dem Richter die düstersten Auslegungsgrundsätze in die Feder diktiert, vgl. BAG 16. Oktober 1969 – 2 AZR 373/68 – AP § 794 ZPO Nr. 20, wo es heißt: »Eine gewisse Unsicherheit über die Lebensdauer des Vertragspartners liegt bei der stets vom Tode bedrohten Existenz des Menschen ohnehin über allen von Menschen abgeschlossenen Verträgen.«

[6]    1. Mose, 2,15

[7]    1. Mose, 3,19

[8]    Emilie du Châtelet, Rede vom Glück / Discours sur le bonheur, Aus dem Französischen übersetzt und herausgegeben von Iris Roebling, 4. Auflage, Berlin 1999

[9]    »morale par provision« lautet der von René Descartes eingeführte Begriff, der natürlich nicht bedeutet, daß moralisches Handeln auf Provisionsbasis vergütet wird, sondern, daß der Mensch angesichts notorischen Unwissens über sich und die Welt gut daran tut, sich bewußt vorläufig einzurichten. Vgl. René Descartes, DISCOURS DE LA METHODE POUR BIEN CONDUIRE SA RAISON, ET CHERCHER LA VERITE DANS LES SCIENCES , Oeuvres de Descartes, publiees par Victor Cousin, Tome Premier, Paris, 1824, S. 121 ff. (146 ff.)

[10]   Vgl. zu Einzelheiten Max Kaser, Das Römische Privatrecht, Erster Abschnitt, 2. Auflage, München 1971, S. 562 ff., 568 ff.; Elke Herrmann, Operae liberales, operae illiberales – vom Schicksal einer Unterscheidung, ZfA 2002, S. 1 ff.

[11]   Max Kaser aaO, S. 370

[12]   Daß es auch bei den glücklichen Römern im einzelnen komplizierter war, zeigt Elke Herrmann aaO m.w.N.

[13]   § 14 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge v. 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1966) – TzBfG

[14]   § § 1, 13 S. 2 Kündigungsschutzgesetz in der Fassung v. 25. August 1969 (BGBl. I S. 1317) – KSchG

[15]   jedenfalls in der Laokoon-Gruppe: zur Frage »Warum Laokoon nicht schreyet«, die in der deutschen Klassik lebhaft diskutiert wurde, vgl. Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung I, Drittes Buch, § 46; Wilfried Barner, Le Laocoon de Lessing, Dediction et induction, Revue Germanique Internationale, Bd 19 (Jg 2003), 237; Zur »Unterbestimmtheit« des Leidensausdrucks im Gesicht des Laokoon im Unterschied zum sonstigen Körperausdruck: Gunter Gebauer, Le corps du Laocoon, Revue Germanique Internationale, Bd 19 (Jg 2003), S. 237

[16]   Die folgende Darstellung des Kündigungsschutzrechts ist nicht vollständig und folgt keiner der in Lehrbüchern und Kommentaren üblichen Kategorisierungen. Sie versteht sich als ein rhetorisch pointierter Überblick.

[17]   § 1 ff. Arbeitsgerichtsgesetz in der Fassung v. 2. Juli 1979 – ArbGG

[18]   § 102 Betriebsverfassungsgesetz in der assung v. 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518) – BetrVG

[19]   soweit tarifvertraglich vorgeschrieben, vgl. etwa § 2 Tarifvertrag zur Sicherung älterer Arbeitnehmer in der Nord-Westdeutschen Textilindustrie v. 23. Mai 1974, LAG Hamm 20. September 2001 – 16 Sa 1915/00 – Rev. eingelegt unter 2 AZR 622/01 – Termin 10. Oktober 2002

[20]   § 85 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) v. 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) – SGB IX

[21]   §§ 17, 18 KSchG

[22]   § 9 Abs. 3 Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mütter in der Fassung v. 17. Januar 1997 (BGBl. I S. 22 mit Berichtigung S. 293) – MuSchG

[23]   § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnungin der Fassung vom 19. März 1991- VwGO – iVm § 85 SGB

[24]   Postanschrift: Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe, Tel. 0721-9101349 Fax: 0721-9101461

[25]   Postanschrift: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Palais de la Cour de justice, Boulevard Konrad Adenauer, Kirchberg, L-2925 Luxemburg,Telefon (Zentrale):(352) 4303-1, Telefax (Zentrale):(352) 4303-2600,Telefax (Abteilung Presse und Information):(352) 4303-2500

[26] zum Begriff und zum gegenwärtigen Streit vgl.: v.Hoyningen-Huene/Linck, Kündigungsschutzgesetz, 13. Aufl. 2002, Einleitung Rn 4 ff, 66 ff.; Däubler, Beschäftigungssicherung durch Kündigungsschutz, AiB 2002, 457 ff.; Bauer, Ein Vorschlag für ein modernes und soziales Kündigungsschutzrecht, NZA 2002, 529 ff.; Buchner, Notwendigkeit und Möglichkeiten einer Deregulierung des Kündigungsschutzrechts, NZA 2002, 533 ff.; Rüthers, Vom Sinn und Unsinn des geltenden Kündigungsschutzrechtes, NJW 2002, 1601 ff. – alle mit weiteren Nachweisen –

[27]   vgl. Sächsisches LAG 7. August 2000 – 10 Sa 509/99 – ; Urteil des BAG v. 10. Oktober 2002 – 2 AZR 297/01

[28]   § 615 BGB, § 11 KSchG

[29]   zu anderen rechtstheoretischen Konzepten vgl. z.B. Hans-Joachim Strauch, Wie wirklich sehen wir die Wirklichkeit? – Vom Nutzen des Radikalen Konstruktivismus für die juristische Theorie und Praxis, JZ 2000, 1020; zur law-and-literature-Bewegung vgl. James Boyd White, Heracles‘ Bow, Essays on the Rhetoric and Poetics of the Law, University of Wisconsin Press, 1989; Jeanne Gaakeer, Recht op verhaal, Een eerste stap in de wereld van het recht aan de hand van literaire werken, Amsterdam 2000, 11 ff. m.w.N. S. 156

[30]   vgl. etwa Michael Roumeliotis: On the One Right Answer, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 2001, 73 ff.

[31]   BAG 12.4.2002 – 2 AZR 148/01

[32]   In diesem Sinne das Bundesverfassungsgericht für in die Vergangenheit wirkende Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur mittelbaren Diskriminierung im Betriebsrentenrecht BVerfG 28. September 1992 -1 BvR 496/87 – WM 1992, 2068

[33]   § 1 Abs. 1 S. 1 KSchG

[34]   § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG

[35]   grundlegend sind die drei Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 17.Juni 1999: 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61; -2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71; 2 AZR 456/98 – BAGE 92, 79

[36]   § 1 Abs. 3 KSchG

[37]   vgl. etwa BAG 18. Januar 1990 – 2 AZR 357/89 – BAGE 64, 34

[38]   vgl. etwa BAG 7.3.2002 – 2 AZR 158/01

[39]   § 85 SGB IX

[40]   BVerwG 11. November 1999 – 5 C 23/99 – BVerwGE 110, 67: Es ging um eine Kündigung vom 20. Juni 1994.

[41]   vgl.: Bernhard Diestelkamp, Rechtsfälle aus dem Alten Reich, Denkwürdige Prozesse vor dem Reichskammergericht, München 1995

[42]   § 9 Abs. 1 MuSchG

[43]   § 15 Abs. 1, 4, 5 KSchG

[44]   vgl. etwa: BAG 5. April 1990 – 2 AZR 337/89 – RzK III 1a 44; BAG 17. Februar 2000 – 2 AZR 913/98 – BAGE 93, 366; gewisse Erleichterungen bringt der Grundsatz der »subjektiven Determinierung«, vgl. etwa BAG 12. August 1999 – 2 AZR 748/98 – AP Nr 7 zu § 21 SchwbG 1986

[45]   § 53 Abs. 3 BAT

[46]   §§ 111 BetrVG

[47]   § 112, § 112 a BetrVG

[48]   § 613 a Abs. 4 BGB

[49]   EuGH 26. September 2000 – C-175/99 – EuGHE I 2000, 7755-

[50]   Amtl. finnische Fassung des oben wiedergegebenen Leitsatzes: Työntekijöiden oikeuksien turvaamista yrityksen tai liikkeen taikka liiketoiminnan osan luovutuksen yhteydessä koskevan jäsenvaltioiden lainsäädännön lähentämisestä 14 päivänä helmikuuta 1977 annetun neuvoston direktiivin 77/187/ETY 1 artiklan 1 kohtaa on tulkittava siten, että kyseistä direktiiviä sovelletaan silloin, kun kunta – joka on julkisoikeudellinen oikeushenkilö ja jonka toimintaan sovelletaan erityisiä hallinto-oikeuden sääntöjä – aloittaa uudelleen yleisölle tarjoamiaan palveluita koskevan mainos- ja tiedotustoiminnan, jota siihen asti on kyseisen kunnan hyväksi harjoittanut voittoa tavoittelematon yhdistys – joka on yksityisoikeudellinen oikeushenkilö – sillä edellytyksellä, että luovutettu kokonaisuus säilyttää identiteettinsä.

[51]   § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG

[52]   § 12 a Abs. 1 S. 1 ArbGG

[53]   § 623 BGB

[54]   § 15 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz v. 1^4. August 1969 (BGBl. I S. 1112)

[55]   z.B. § 626 Abs. 2 BGB, § 91 Abs. 5 SGB IX

[56]   Sie beschreibt in etwa die Silhouette eines schönen, gutbürgerlichen, ein bißchen spitz zulaufenden Männerbauches, von Hüfte zu Hüfte beschrieben, manche behaupten: die Silhouette des Bauchs ihres Erfinders, der als Berater des amerikanischen Präsidenten Reagan reüssierte.

[57]   ratione legis cessante lex ipse cessat, sagten die Römer

[58]   FAZ Nr. 140/2002, v. 20. Juni 2002, S. 14

[59]   § 183 SGB III

[60]   Jahr 1999, vgl. Mario von Baratta (Hersg.), Der Fischer Weltalmanach 2002, Sp. 590

[61]   BGBl I, S. 703 – VbrInsVV

[62]   v. 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866) – InsO; englische Fassung im Internet unter http://www.bmj.bund.de/eng/service/publications/10000481/?sid=52cbda86d94c69b6d27a5347b3edceda

[63]   § 17 InsO

[64]   § 18 InsO

[65]   § 19 InsO

[66]   § 46 Kreditwesengesetz in der Fassung vom 22. April 2002 – KWG – (Danke für den Hinweis!); vgl. zu EG-rechtlichen Problemen (Amtshaftung): BGH 16. Mai 2002 – III ZR 48/01 – WM 2002, 1266

[67]   § 13 Abs 1 S. 1 InsO

[68]   § 14 InsO

[69]   § 15 InsO

[70]   § 46 b KWG, vgl. FK-InsO-Schmerbach § 13 InsO Rn 13

[71]   ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, vgl. § 64 Abs. 1 GmbHG in der Fassung vom 5. Oktober 1994 , vgl. dazu BGH 11. September 2000 – II ZR 370/99 – ZIP 2000, 1896

[72]   vgl. BGH 6. Juni 1994 – II ZR 292/92 – BGHZ 126, 181

[73]   Zu den Zielen des Insolvenzverfahrens: Bertram Zwanziger, Das Arbeitsrecht der Insolvenzordnung, 2. Auflage, Heidelberg 2002, Rn 12 ff.

[74]   § 21 InsO

[75]   § 22 InsO

[76]   vgl. etwa: BAG 29. Juni 2000 – 8 ABR 44/99 – BAGE 95, 197; LAG Düsseldorf – 24. August 2001 – 18 Sa 671/01 – BB 2001, 2479

[77]   § 26 InsO

[78]   § 27 InsO

[79]   vgl. BGH 12. Dezember 1991 – IX ZR 178/91 – BGHZ 116, 319

[80]   man verzeihe die Plumpheit der Formulierung! Einzelheiten zum klassischen und neueren Utilitarismus vgl. John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt 1979, S. 40 ff.

[81]   § 56 ff. InsO; zur Haftung des Insolvenzverwalters: § 60 InsO

[82]   §§ 74 ff. InsO

[83]   §§ 67 ff. InsO

[84]   § 99 InsO

[85]   § 240 ZPO

[86]   § 89 InsO

[87]   Insolvenzanfechtung, §§ 129 ff. InsO; zur Anfechtung außerhalb des Insolvenzverfahrens: Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens v. 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911) – Anfechtungsgesetz – AnfG

[88]   Aussonderung: § 47 InsO

[89]   Absonderung: §§ 50 ff. InsO

[90]   §§ 38 ff. InsO

[91]   vgl. Zwanziger aaO Rn 72

[92]   § 183 SGB III

[93]   § 1 S. 1 Halbsatz 2 InsO

[94]   § 113 Abs. 1 InsO

[95]   vgl. etwa Thüringer Landesarbeitsgericht 24. August 1999 – 8 Ta 114/99 – MDR 2000, 231

[96]   BAG 21. Juni 2001 – 2 AZR 137/00 – DB 2002, 102; 21. Februar.2002 – 2 AZR 749/00

[97]   § 123 InsO

[98]   § 125 InsO

[99]   vgl. nur zum »Lemgoer Modell«: BAG 16. Februar 1993 – 3 AZR 347/92 – AP Nr 15 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung

[100] § 57 Abs. 2 ArbGG

[101] vgl. oben FN 25

[102] vgl. zum Mechanismus: Zwanziger aaO S. 162 ff.

[103] § 188 SGB III

[104] Sie sind in der Vergabe von Sanierungskrediten nicht nur deshalb weniger frei, als mancher glaubt, weil sie das Geld ihrer Anleger und Anteilseigner – einschließlich Kleinsparern und Kommunen – zu verwalten haben, sondern sie sind auch beträchtlichen Haftungsrisiken ausgesetzt, vgl. aus der umfangreichen Rechtsprechung nur: OLG Köln 9. Januar 2002 – 13 U 22/01 – ZIP 2002, 521 (Danke für den Hinweis!)

[105] Adolph Freiherr v. Knigge (1752-1796) schrieb im wesentlichen, um die Schäden auszugleichen, die der Konkurs seines Vaters hervorgerufen hatte, vgl. Gerd Ueding, Die Kunst der gesellschaftlichen Beredsamkeit, in: v. Knigge, Über den Umgang mit Menschen, Frankfurt 2001, S. 423 ff.

[106] The fable of the Bees or, Private Vices, Publick Benefits / Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorteile, Dt mit Einleitung von W. Euchner, Frankfurt 1980; von demselben Autor: Eine bescheidene Streitschrift für öffentliche Freudenhäuser oder ein Versuch über die Hurerei wie sie jetzt im Vereinigten Königreich praktiziert wird, Dt. von Pia Jauch, München Wien 2001

[107] ca. 1670–1733

[108] aaO S. 84

[109] »Nur mit Moral kommt man nicht weit; / Wer wünscht, daß jene Zeit / Der Tugend wiederkehrt, darf nicht vergessen: / Man mußte damals Eicheln essen.« aaO S. 79, 92

[110] (vgl. Cees Nooteboom, Berliner Notizen, Aus dem Niederländischen von Rosemarie Still, Frankfurt 1991, S. 40)

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